Freitag, 5. Februar 2010

Acht Tote bei Indiens vergessenem Kampf - Maoistische Rebellen fordern eine der größten Armeen der Welt


Es ist keine besondere Meldung über Indiens vergessenen Krieg. Denn fast täglich gibt es Tote und Verwundete bei Anschlägen und Schusswechseln zwischen Maoisten und indischen Sicherheitskräften. Neben Separationsbewegungen im Kaschmir-Gebiet und in Assam ist Zentralindien die gefährlichste Zone des Landes. Seit September geht die Armee massiv gegen die kommunistischen Kämpfer vor. Doch die indischen Streitkräfte, die mit mehr als 1,3 Millionen Soldaten eine der größten Armeen der Welt darstellt, kann kaum Fortschritte vermelden. Die Karte zeigt die Situation im Jahr 2008.


Am Mittwoch wurden in zwei Schusswechseln in Chhattisgarh, genauer in der Bastar-Region, acht Maoisten getötet. In der Region, die reich an Mineralien ist, ist Gewalt an der Tagesordnung. Seit Mitte September gab es mehr als 250 Tote. Die Polizei zeigt sich oft hilflos gegenüber der Guerilla, die in manchen Teilen des Landes große Unterstützung in der Bevölkerung genießt, da diese kaum an den territorialen Reichtümern partizipieren kann. Bereits im November sprachen Beobachter von einem drohenden Bürgerkrieg. Die Polizei und die Armee versuchen mit neuen Strategien das Problem in den Griff zu bekommen, stoßen jedoch dabei an die militärischen Grenzen. Denn die wirtschaftliche Ungleichheit und der politische Stillstand in diesen Regionen heizen den Konflikt immer wieder an. Aktuelle Bilder aus der Region vom 02.02.10:


Ist ein nicht geringer Teil einverstanden mit den Zielen der maoistischen Kämpfern, regt sich gleichzeitig vermehrt Widerstand in der Bevölkerung. Denn die Logik des Krieges macht auch die Maoisten zu Tätern. Erschiessungen von angeblichen Kollaborateuren und Diebstähle zeigen, dass die Guerilla sich in der jahrzehntelangen Auseinandersetzung von ihren Ansprüchen entfernt hat. Eine aktuelle Reportage vom Januar 2010 aus der Wochenzeitung "Jungle World" beschreibt dies mit folgenden Worten:
Am Ende der Fahrt öffnen sich die Türen am staubigen Rand einer kleinen von Adivasis bewohnten Siedlung. Strom gibt es hier ebenso wenig wie fließendes Wasser oder eine Schule. ­Gerade einmal zwei Männer dieser Gemeinde, die 250 Einwohner zählt, sind keine Analphabeten, die meisten sind unterernährt. Was denken sie über den »Volkskrieg«?
Symala Gogu, die seit mehreren Jahren in dem Dorf arbeitet, versucht, die Leute zum Sprechen zu animieren, doch niemand möchte sich äußern. »Vor wenigen Wochen haben die Maoisten hier in der Dorfmitte einen Mann aus unserer Gemeinde erschossen. Sie meinten, er sei ein Volksverräter, der als Polizeiinformant gearbeitet habe«, erzählt ein älterer Mann. »Aber wir wissen alle, dass das nicht stimmt. Er hat nur protestiert, als die Maoisten uns wieder einmal Essen wegnahmen.«
Immer wieder berichtet die indische Presse über Lebensmittelenteignungen in ohnehin bitterarmen Gemeinden, von Erschießungen einfacher Dorbewohner, die im Verdacht stehen, als Polizeiinformanten zu arbeiten. Zurückgedrängt von Polizei und Militär, üben die Maoisten in den von ihnen kontrollierten Gebieten eine immer repressivere Herrschaft aus, legitimiert wird diese durch die Urteile der Jan Adalats, so genannter Volksgerichte.

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