Samstag, 23. Januar 2010

Öl des Sudan als Schmiermittel für den Krieg


Als 2005 im Sudan das Friedensabkommen zwischen dem Norden und dem Süden unterzeichnet wurde war die Verteilung der Öleinnahmen zwar ein Streitpunkt, sie trugen aber auch dazu bei, den Konflikt zu entschärfen, oder um es deutlicher zu sagen: den Frieden zu bezahlen. Der Sudan als klassischer Rentierstaat hat nur überschaubare Einnahmequellen. Neben der Entwicklungshilfe, deren Anteil am BIP zwischen drei und fünf Prozent schwankt und Überweisungen von Gastarbeitern, die etwa fünf Prozent ausmachen finanziert vor allem das Öl das Überleben des nordafrikanischen Landes. Im Süden machen die Ölmilliarden 98 Prozent der Gesamteinnahmen aus, in keinem anderen Land ist dieser Anteil so hoch. Trotzdem leben die Menschen im Süden in bitterer Armut. Jeder Fünfte leidet an chronischer Unterernährung. Die ZEIT schrieb am 08.01.10:
Der Süden des Sudans könnte eine Region im Aufschwung sein, mit wohlhabenden Bürgern, mit Schulen und Krankenhäusern, geteerten Straßen und sauberem Trinkwasser. Dort fördern internationale Konzerne den Rohstoff, nach dem die Weltwirtschaft lechzt und der in anderen Regionen immer weniger wird: Erdöl. Doch die Realität sieht ganz anders aus: Im Südsudan herrschen Hunger und Armut. Die Infrastruktur bleibt trotz Milliardeneinnahmen aus dem Ölverkauf katastrophal – ebenso das Gesundheits- und das Bildungssystem. Nur jeder Zweite hat Zugang zu Trinkwasser. In der Region, die in etwa so groß ist wie Frankreich, gibt es nur 50 Kilometer feste Straßen. Von den Öleinnahmen werden vor allem Gewehre und schweres Kriegsgerät gekauft, der Reichtum kommt einer kleinen Elite zu Gute – die Menschen auf dem Land profitieren davon nicht.
Hielt der Frieden trotz vieler Rückschläge und Konfliktherde, so fürchten viele Beobachter eine Rückkehr zur Gewalt in den kommenden Monaten. Die nationalen Wahlen und die Frage, inwiefern der Süden Autonomie erlangen darf belasten das Verhältnis zwischen der Regionalvertretung des Südens und der Zentralregierung in Khartum. Anfang Januar warnten zehn Hilfsorganisationen:
Fünf Jahre danach [nach dem CAP] ist das Friedenabkommen äußerst fragil, und die Gewalt nimmt erneut zu. Die humanitäre Situation, ohnehin eine der schlimmsten weltweit, verschlechtert sich weiter. Und in den Augen der Mehrheit der Bevölkerung im Süden hat es seit dem Ende des Krieges keine wesentlichen Entwicklungsfortschritte gegeben. Diese Zunahme von Gewalt hat mehrere, einander teilweise überlagernde Ursachen. Spannungen zwischen Nord- und Südsudan, auch über Umsetzungsfragen des Friedensabkommens, haben zu Auseinandersetzungen innerhalb der integrierten Nord-Süd- Militäreinheiten geführt. Konkurrenz um natürliche Ressourcen in Verbindung mit der weiten Verbreitung von Kleinwaffen heizt die Gewalt zwischen den zahlreichen Ethnien im Südsudan an. Zudemwird die Region auch weiterhin von der Lord's Resistance Army (LRA) heimgesucht, einer mörderischen Rebellengruppe mit Ursprung in Nord-Uganda.
Wie gespalten und misstrauisch das Verhältnis zwischen Nord und Süd ist, belegt eine Studie vom September 2009 über die Verteilung der Ölmilliarden. So sind die Angaben des Südens, der Ölförderfirmen und der Regierung sehr unterschiedlich und damit auch die tatsächlichen Zahlungen. Folgende Grafiken illustrieren dies sehr deutlich:





Bedenkt man nun, dass die Abstimmung Anfang des Jahres 2011 die Zentralregierung eines großen Teils ihrer Einnahmen berauben könnte, wird deutlich wie gefährlich die Situation ist. Denn es geht um mehr als 6,5 Milliarden Dollar im Jahr. Schon im Dezember versuchte die Regierung ihre Position zu stärken, indem massiv gegen Oppositionelle vorgegangen wurde. Bei diesen Auseinandersetzungen gab es auch Tote und hunderte von Verhaftungen. Insgesamt kamen mehr als 2.500 Menschen im Jahr 2009 um. Heute wurden z.B. 31 Anhänger eines unabhängigen Wahlkandidaten im Osten des Landes festgenommen und bei Zusammenstößen mit Sicherheitskräften wurden neun Menschen verletzt.

Nicht nur die Fördermenge variiert bis zu einem Viertel, sondern auch die angegebenen Abnahmepreise. Auch bei den Kosten der Durchleitung und des Betreibens der Ölfelder verschwinden Millionen Dollar in dunklen Kanälen. Bedenkt man dass der Süden im Jahr 2008 etwa 2,9 Milliarden Dollar bekam sind mögliche Abweichungen um 25 Prozent für den armen Landstrich unvorstellbar viel Geld. Fehlende Transparenz lässt eine öffentliche Kontrolle aber kaum zu. Eine Abspaltung des Südens garantiert noch nicht für eine Verbesserung der Lage im Süden. Denn die Ölförderregion Abyei genießt einen Sonderstatus und muss sich entscheiden, ob sie diesen behalten, oder einem autonomen Süden beitreten will. Massive Einwirkungen von beiden Seiten sind zu erwarten. Desweiteren wird das gesamte Öl über den Norden geleitet, so dass der Süden auf eine Zusammenarbeit mit Khartum angewiesen ist. Ohne internationalen Druck werden Forderungen nach größerer Transparenz und Gerechtigkeit ohne Wirkung verpuffen. Auch die Frage inwiefern das Geld für den Aufbau der Infrastruktur und Verbesserungen der Gesundheitsversorgung genutzt wird, wird ohne Druck von außen kaum beantwortet werden. Die Folge wird eine Eskalation des schwelenden Konflikts sein, der während des Bürgerkrieges mehr als zwei Millionen Menschen das Leben kostete.

Dazu eine Diskussion vom 19.01.2010:



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