Sonntag, 14. März 2010

Mehr als 60 Tote in den vergangenen Tagen in Somalias Hauptstadt - Tausende fliehen - Hilfe für Flüchtlinge zunehmend schwieriger


Nach schweren Kämpfen in der somalischen Hauptstadt Mogadischu hat der Bürgermeister die Bevölkerung aufgefordert, die Stadt zu verlassen. Bei den Kämpfen zwischen Regierungstruppen und radikalislamischen Milizen wurden in den vergangenen drei Tagen mindestens 60 Personen getötet, unter ihnen auch zahlreiche Zivilisten. Angesichts der in nächster Zeit erwarteten Offensive der Regierungstruppen sollten sich die Einwohner zurückziehen, warnte Bürgermeister Abdurisaq Mohammed Nor am Freitag. Vor allem aus den nördlichen Stadtteilen von Somalias Hauptstadt sind in den vergangenen Tagen bereits Tausende von Menschen geflohen.  


Die radikalislamische Al-Shabab-Miliz hat in den vergangenen Wochen mehrere hundert Kämpfer aus dem von ihr kontrollierten Süden Somalias zusammengezogen. Sie kontrollieren seit dem vergangenen Jahr einen großen Teil der Hauptstadt, welche die Regierungstruppen nur noch mit Hilfe von Soldaten der Afrikanischen Union, die mit UN-Mandat agieren, halten kann.

Bettina Rühl vom Deutschlandfunk schreibt zur aktuellen Situation in einer lesenswerten Reportage:
Es ist Herbst 2008: In der Wüste rund 60 Kilometer von Somalias Hauptstadt Mogadischu entfernt trainieren junge Männer auf staubigem Boden. Der Schauplatz: ein halb verfallenes Gefängnis. Zu Zeiten des letzten somalischen Diktators Siad Barre war dieser Ort noch berüchtigt. Nun steht eine kleine Moschee aus Wellblech neben den Ruinen der Zellentrakte und Folterkammern, zwischen denen die jungen Männer exerzieren.

Die Rekruten sind erst vor wenigen Tagen dazu gestoßen. Fast alle sind ausgesprochen mager, ihre Kleidung ist viel zu weit: Jeans oder Stoffhosen, T-Shirts oder Hemden - alles schlabbert um die Körper. Sie haben sich der radikal-islamistischen Miliz "Al Shabaab" angeschlossen. Die war im Jahr 2006 noch Teil der somalischen Regierung.

Frühjahr 2010: Die Lage in Somalia hat sich dramatisch verändert. "Al Shabaab" ist schon lange nicht mehr Teil des offiziellen Machtapparats. Die Mitglieder der radikal-islamistischen Organisation sind in den Untergrund abgetaucht und kämpfen heute als stärkste islamistische Miliz im Land gegen die derzeitige somalische Übergangsregierung. Die aber kontrolliert nur noch einen kleinen Teil des Landes, und ein paar Straßen in der Hauptstadt. Mogadischu steht, so scheint es immer wieder, kurz vor dem Fall. 
Nach Einschätzung der Uno haben in Somalia seit Jahresbeginn schon mehr als 100.000 Menschen die Flucht vor den Kämpfen zwischen Regierungstruppen und der Al-Shabab-Miliz ergriffen. Das Uno-Flüchtlingshilfswerk UNHCR zeigte sich am Freitag besorgt über die Lage der Zivilbevölkerung in dem ostafrikanischen Land. Seit Februar sind allein 34.500 Menschen aus Mogadischu vertrieben worden. In den ersten neun Wochen des Jahres seien zudem mindestens 10.000 Somalier ins benachbarte Kenia geflohen. 

Währenddessen wurden im Norden des Landes 15 Menschen bei Kämpfen zwischen zwei Stämmen getötet. Der Gewalt ging eine lange Auseinandersetzung um die Aufteilung von Land voraus. Zudem gibt es Meldungen über die Veruntreuung von Hilfsgeldern und Hilfsgütern durch lokale Vertragspartner. Dies könnte die ohnehin schwierige Verteilung weiter erschweren. Erst vor zwei Wochen musste sich das "World Food Programme" aus Teilen Somalias zurückziehen, da Hilfskonvois von Milizen gestoppt wurden. Zu dem Veruntreuungsskandal eine zusammenfassung vom 12.März:


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