Dienstag, 10. August 2010

Mehr als hundert Tote, Zehntausende auf der Flucht: Der Osten des Kongo bleibt Kriegsgebiet


Mehr als hundert Tote und mehr als 90.000 Menschen auf der Flucht. Das ist die bisherige Bilanz einer Offensive der kongolesischen Armee (FARDC) gegen Anhänger der Rebellengruppe Allied Democratic Forces (ADF), die im Osten der DR Kongo mit 600 bis 800 Mann operieren soll. Die Armee ließ in den vergangenen Tagen verlauten, sie habe eine Basis der Rebellen eingenommen und die Gruppe zerschlagen. Die meisten Kämpfer seien nach Uganda geflohen. Was wie eine Erfolgsmeldung aussieht, zeigt das Dilemma der fragilen Staatlichkeit und der durchlässigen Grenzen in diesem Gebiet auf. Denn die ADF-Kämpfer wurden für die Anschläge in Kempala, als Selbstmordattentäter fast 80 Menschen in den Tod rissen, mitverantwortlich gemacht. Sie sollen Verbindungen zu der somalischen Gruppe Al-Shabab haben, die wiederum Al-Quaida-Kämpfer in ihren Reihen beherbergt und gut vernetzt ist. Schon vor mehr als zwei Jahren gab es Warnungen, dass sich die Gruppe im Osten des Kongo einnisten würde. Doch erst die mögliche Verbindung mit den Terroranschlägen intensivierte die laufenden Armee-Operationen.

Die taz schrieb am 01.08.10 über die möglichen Verbindungen der Gruppe und das Vorgehen der Armee, welches z. T. die Flüchtlingsströme erst auslöste:
Ostafrikas Krieg gegen somalische Islamisten und weitere vermutete Verbündete al-Qaidas ist um eine neue, gefährliche Front reicher geworden: die Bergwälder Ostkongos an der Grenze zu Uganda. Über 100.000 Menschen sind rund um die Stadt Beni auf der Flucht vor einer Großoffensive der kongolesischen Armee gegen ugandische Rebellen in den schwer zugänglichen Wäldern des Rwenzori-Bergmassivs. Die Rebellen der ADF (Allied Democratic Forces) arbeiten nach amtlichen ugandischen Angaben mit Somalias Islamistenmiliz al-Shabaab zusammen. Auch von offizieller Seite im Kongo ist zuweilen zu hören, man befinde sich im Krieg gegen al-Qaida. 

Am 25. Juni begann Kongos Regierungsarmee eine Großoffensive gegen die ADF im Gebiet um Beni. Die "Operation Rwenzori" äußert sich, wie alle kongolesischen Regierungsoffensiven gegen bewaffnete Gruppen im Ostkongo, vor allem in Übergriffen gegen die Zivilbevölkerung, die zu Fluchtbewegungen führen. Internationale Hilfswerke zählen im Gebiet um Beni 90.000 neue Vertriebene, kongolesische Quellen noch viel mehr. Viele Menschen fliehen in Reaktion auf anonyme Pamphlete, die die unmittelbar bevorstehende Einnahme bestimmter Orte durch die ADF ankündigen und der Bevölkerung raten, sich vorher in Sicherheit zu bringen.

Ausgerechnet während in Uganda der Zusammenhang zwischen ADF und radikalen Islamisten hervorgehoben wird, regt sich im Kongo massiver Protest gegen die Übergriffe des eigenen Militärs im Kampf gegen die ADF. Von den eigenen Soldaten, nicht von Islamisten, geht der Terror gegen die Zivilbevölkerung aus 
Dazu auch ein Beitrag vom iranischen PressTV von Ende Juli 2010:


Eine Reuters-Auflistung von Anfang August zeigt, wie zahlreich die Konflikte in der DR Kongo weiter schwelen und wie grotesk der Plan alle UN-Truppen abzuziehen, ohne eine weiterführende Strategie mit regionalen Streitkräften entwickelt zu haben, wirkt:

SIMMERING CONFLICTS

The intervention of Rwanda in 2009 helped end fighting by Rwandan Tutsi-led CNDP rebels, whose leader Laurent Nkunda was arrested and is awaiting trial in Kigali.

CNDP have since officially been integrated into the army, but rights groups say they maintain control of swathes of land and are extracting taxes and mining cassiterite and coltan.

Congo's army continues to try to oust Rwandan Hutu FDLR rebels, who are said to derive 75 percent of their funding from minerals and gold smuggling. It has also launched an offensive against Ugandan ADF rebels, prompting more than 60,000 to flee.

Former government militias, known as the Mai Mai, have splintered and mount random attacks.

A rebel assault in western Equateur province in April has prompted an exodus of 100,000 refugees to neighbouring Congo Republic, while attacks from Uganda's separate rebel LRA in the north underscore wider instability.

While busy backing the army, U.N. peacekeepers are under pressure from Kabila to pull out of Congo by the end of 2011.


What to watch:

-- U.N. peacekeepers. The U.N. acquiesced to Congolese demands and withdrew 1,700 in June, leaving 20,000 others still in country. The U.N. says further withdrawals will depend on the security threat, but Congo insists on all blue helmets leaving by the end of next year.

-- Land and ethnicity. These two issues remain at the heart of Congo's simmering conflicts, especially in the eastern Kivu provinces. Land rights, the movement of people and political manipulation of these issues risk leading to further violence.

-- CNDP ex-rebels. Current leader Bosco Ntaganda is wanted by the International Criminal Court for war crimes, and he could face a challenge from General Gad, a rising CNDP figure.

-- ADF-NALU rebels. Supported from abroad, around 600 rebels are well-trained and want an Islamic state. Uganda reinforced its border and Congo is pursuing the rebels in North Kivu.

-- Intervention from neighbours. Once hostile due to support for local rebel groups, relations with neighbouring Uganda and Rwanda have warmed. But both countries face a testing year and any trouble in either country could have repercussions in Congo.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen