Montag, 3. Mai 2010

Im nigerianischen Niger-Delta nehmen die Unruhen wieder zu - Anschlag auf Öleinrichtungen und Entführungen verdeutlichen Gefahr


Im November 2009 schien in Nigeria wenigstens ein Konflikt einer Lösung nahe zu sein. Im ölreichen Niger-Delta kämpften seit Jahren bewaffnete Gruppen gegen die Ausbeutung der ressourcenreichen Region, aber auch auf eigene Rechnung, um Gewinne aus der Kriegswirtschaft einzustreichen. Der Diebstahl von Öl, die Entführung von Mitarbeitern und Anschläge auf Pipelines gehörten zum Alltag. Eine Amnestie sollte alles ändern. Zusammen mit einem Entwicklungsprogramm, welches den dort lebenden Menschen wirtschaftliche Teilhabe an den Bodenschätzen zu ermöglichen. Ein halbes Jahr ist seitdem vergangen. Und es wird immer deutlicher, dass sowohl fehlender politischer Wille, Korruption und zahlreiche, weiterhin existierende Rebellengruppen einen Frieden unmöglich machen.

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Nachdem für einige Monate relative Ruhe eingekehrt war und die größte Gruppe, das Movement for the Emancipation of the Niger Delta (MEND) einer Entwaffnung zustimmte, kommt es in den vergangenen Wochen vermehrt zu Zwischenfällen. Im Bundesstaat Rivers griffen Kämpfer des Joint Revolutionary Council (JRC), der Dachorganisation der militanten Kämpfer, am Samstag eine Einrichtung von Shell an. Dies sei nur der Auftakt einer großen Offensive, sagte ein Sprecher. Ziel sei die Unabhängigkeit des Bundesstaates. Die lokale Regierung beschuldigte im Gegenzug die Rebellen keine politischen Ziele zu vertreten. Die wahren Rebellen hätten ihre Waffen längst niedergelegt.

Doch nicht nur in Rivers wächst die Unruhe. Im Staat Delta wurden am Sonntag sieben staatliche Mitarbeiter eines Wiederaufbauprojekts entführt. Grund sollen lokale politische Streitigkeiten sein. In der Hauptstadt von Bayelsa, Yenagoa, explodierte am Sonntag eine Autobombe nahe eines Gästehauses des Vize-Gouverneurs. Auch hier geht es um die Verteilung der politischen Macht. Auch wenn kein direkter Zusammenhang zwischen den Vorfällen besteht, so zeigen sie doch, dass die Politik der Zentralregierung zur Befriedung des Gebietes bislang kaum Erfolge zeigt. Weder den Rebellen, noch den politischen Akteuren, die auch vor Gewalt nicht zurückschrecken, wird auf diese Weise der Boden entzogen.

So könnte aus den einzelnen Vorfällen wieder ein Flächenbrand entstehen. Und die Hoffnung auf einen Neuanfang in dem afrikanischen Land mit seinen 140 Millionen Einwohnern, das trotz seines Ressourcenreichtums auf Platz 158 (von aktuell 182) des HDI-Indexes liegt, vergebens sein. Je knapper die Ressourcen werden und je weniger die lokale Bevölkerung davon profitieren kann, desto wahrscheinlicher ist die Ausweitung der Unruhen im Niger-Delta.

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