Sonntag, 1. November 2009

Eine Woche nach dem Waffenstillstand droht in Nigeria neue Gewalt


Nigeria kommt nicht zur Ruhe. Nur eine Woche nach der Verkündigung eines Waffenstillstands hat die Gruppierung "Movement for the Emancipation of the Niger Delta" (MEND) angekündigt ihre Angriffe auf Öleinrichtungen, Entführungen und Anschläge wiederaufzunehmen. Vor ein paar Wochen sagte ein Regierungsvertreter:
No one will be allowed to take us backwards. In a few days, the amnesty will be over. The state will be willing, ready, and available to give up anyone who fails to take advantage of the President's amnesty window after the deadline.
Dies weckt die Befürchtung, dass die Armee nun mit aller Härte gegen die Rebellen vorgehen könnte und so eine neuerlicher Ausbruch der Gewalt nicht zu vermeiden ist. Der Rebellenführer Henry Okah verneinte in einem Interview die Zahl von 15.000 Kämpfern, die ihre Waffen abgelegt hätten. MEND sei entschlossen den "gerechten Kampf" fortzuführen und Kämpfer zu unterstützen. Falls die Regierung ihre Verprechungen nicht erfüllen würde, sei mit einer baldigen Fortsetzung der Widerstandsaktionen zu rechnen.



Viele Rebellengruppen betreiben aber unter dem Deckmantel des Widerstandskampfes Handel  mit Rohstoffen und Waffen und bereichern sich an dem dauernden Kriegszustand. Sie machen sogar Geschäfte mit der verfeindeten Regierung. Der Führer der Gruppe "Niger Delta Vigilante" (NDV) sagte in einem Interview 2007 (S87ff.):

Ateke demanded that the government provide jobs to him and his “boys” and that he be repaid for property he alleged the Nigerian military had destroyed during a previous military operation to break the power of his armed group. “The weapons that are with us, we can use them for any fight,” he said
Auch in anderen Teilen Nigerias ist politische Gewalt und Korruption an der Tagesordnung, wie ein HRW-Bericht von 2007 zeigt:
Nigeria is mired in a crisis of governance. Eight years since the end of military rule, the country’s longest-ever stretch of uninterrupted civilian government, the conduct of many public officials and government institutions is so pervasively marked by violence and corruption as to more resemble criminal activity than democratic governance.
Und in einem Kommentar der taz vom August diesen Jahres heißt es:
Nigerias Armee ist nicht zimperlich. Als das Land vor zehn Jahren von der Militärdiktatur zur Demokratie fand, bestand eine der ersten Amtshandlungen des gewählten Präsidenten Olusegun Obasanjo darin, einen Ort mit 25.000 Einwohnern in den Ölgebieten des Niger-Flussdeltas dem Erdboden gleichmachen zu lassen.

Erneut stellt sich die Frage, ob Nigerias zivile Präsidenten seit der Demokratisierung 1999 ihr Militär eigentlich unter Kontrolle haben. Oder gilt, dass die Generäle zwar nicht mehr das Land regieren, aber dafür straffrei sind? Vergeblich weisen Nigerias Bürgerrechtler, die unter der brutalen Militärdiktatur vor 1999 schwer gelitten hatten, immer wieder darauf hin, dass Nigerias Demokratisierung unvollendet geblieben ist. Und dass die Mächtigen des Landes noch immer nicht gelernt haben, mit ihren 140 Millionen Bürgern respektvoll umzugehen.

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