Äthiopien hat gewählt. Nach allgemeiner Überzeugung wurde Meles Zenawi wiedergewählt und zwar mit großer Mehrheit. In neun von elf Regionen und Städten soll es überwältigende Siege gegeben haben. Äthiopien gilt als wichtiger Akteur in der volatilen Region und als enger Verbündeter der USA. Trotzdem mahnte das Außenministerium die Einbindung der Opposition und die Wahrung der Demokratie an.
Doch die Opposition warf den Machthabern massiven Wahlbetrug vor, so dass die Mahnungen der USA etwas spät und schwach daherkommen. Ein Vertreter der Opposition sagte, es sei selbst unter afrikanischen Standards keine echte Wahl gewesen. So seien die Grundsätze der geheimen Wahl genauso nicht beachtet worden, wie ein freier Wahlkampf für alle Parteien. Die taz schrieb im Vorfeld der Wahl:
Äthiopien hat keine demokratische Tradition und ist nicht für parteipolitischen Wettstreit bekannt. Die "Revolutionäre Demokratische Front des Äthiopischen Volks" (EPRDF) von Premier Meles Zenawi herrscht seit 1991, als sie als Rebellenkoalition die Hauptstadt Addis Abeba einnahm. Doch Wahlen in Äthiopien sind brisant.
2005 schnitt eine erstmals formierte zivile Opposition überraschend gut ab und reklamierte den Sieg, worauf es zu Unruhen mit 200 Toten kam und viele Oppositionsführer im Gefängnis landeten. Bei den Wahlen am Sonntag will die Regierung ein solches Szenario vermeiden. Die von ihr verbreitete Wahrnehmung, das Land befände sich im Abwehrkampf gegen den aus Somalia operierenden internationalen Terrorismus, erleichtert die Repression politischer Gegner.
Objektiv gesehen gibt es für die 80 Millionen Äthiopier wenig Grund, jetzt gegen die EPRDF zu stimmen, wenn sie bisher für sie waren. Das Wirtschaftswachstum ist mit jährlich rund 10 Prozent hoch, die Hungersnöte gehören der Vergangenheit an. Die ländliche Entwicklung hinkt zwar der städtischen hinterher, vor allem weil die Regierung nicht vom traditionellen staatlichen Landeigentum lassen will. Aber über entwicklungspolitische Herausforderungen wie den Bau von Wasserkraftwerken streitet die Regierung eher mit Nachbarländern als mit dem eigenen Volk.
Die Spannungen in der Region kamen auch drei Tage vor der Wahl zum Ausdruck, als Unbekannte einen Bus in die Luft sprengten und dabei 13 Menschen verletzten. Äthiopien macht dafür Eritrea verantwortlich. Die zwei Staaten hatten zwischen 1998 und 2000 Krieg geführt, dabei waren mutmaßlich mehr als 80.000 Menschen getötet worden. Die Regierung nutzt die Lage in der spannungsreichen Region, um Repressionen gegen oppositionelle Gruppen zu legitimieren. Einen kurzen Überblick liefert dieses Video von VOA TV to Africa vom 20. Mai:
Wie stark das Land auch in den Konflikt in Somalia involviert ist, zeigt ein Vorfall vom vergangenen Samstag, als äthiopische Truppen in die semiautonome Region Puntland einmarschierten und bei anschließenden Gefechten mindestens 13 Menschen, die meisten davon Zivilisten, töteten. Die Truppen seien bereits vor zwei Wochen in das Gebiet einmarschiert, nun aber sollen die Bewohner zu den Waffen gegriffen und die Soldaten zurückgedrängt haben.
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