Donnerstag, 7. Januar 2010

Wirklich ein Stellvertreterkrieg? Handfeste Beweise für iranische Unterstützung der Houthi-Rebellen im Jemen fehlen noch immer


Medien müssen kommentieren, beurteilen und Schlüsse ziehen. Zum einen, um ihren Lesern Argumentationsstränge zu liefern, zum anderen, um möglichst überzeugende und ansprechende Inhalte zu kreieren.

So titelt die ZEIT dann auch heute:
Stellvertreterkrieg im Jemen - Die Regierung in Sanaa kämpft gegen schiitische Rebellen. Beide Kriegsparteien werden aus dem Ausland unterstützt, von Saudi-Arabien und Iran.
Nur um aber einige Abschnitte später zu schreiben:
Wie weit Teherans Unterstützung für die Huthi-Rebellen geht, ist noch unklar. Dass die iranische Regierung direkt Waffen an die Rebellen liefert, wurde bislang nicht zweifelsfrei bewiesen. Das Regime von Ahmadineschad bestreitet, Kriegsmaterial an die Aufständischen geliefert zu haben, zeigt aber offen Sympathie für die Huthi-Milizen: In Teheran wurde jüngst eine Straße nach deren Anführer benannt.

Die Rebellen bestreiten, Kontakte nach Iran zu pflegen. Nach Informationen des saudi-arabischen Nachrichtensenders Al Arabya besteht aber seit mehr als zehn Jahren ein enger Austausch zwischen den Huthi-Anführern und Teheran.
Das heißt also, es gibt keine wirklichen Beweise für eine direkte militärische, oder finanzielle Unterstützung. Zugegeben die Vermutung liegt nahe, schließlich sind sowohl die Houthi-Rebellen, als auch die iranische Führung dem schiitischen Glauben verhaftet. Aber im Konflikt im Norden des Jemen geht es vor allem um politische und wirtschaftliche Fragen, die seit Jahrzehnten unbeantwortet bleiben. Zudem sind die religiösen Vorstellungen der Zaiditen, denen die Houthis angehören sehr nahe am sunnitischen Glauben und unterscheiden sich vor allem in politischen Fragen. Quellen berichten davon, dass Geistliche im Iran Houthis zum Übertritt zum "rechten Glauben" ermutigen. Von einer natürlichen religiösen Verbindung kann also keine Rede sein.

Foreign Affairs schreibt:
The various actors involved in the Sa'dah conflict and the drivers of violence remain misunderstood. The Houthis are usually portrayed as a violent, anti-Western, and obscurantist group backed by Iran that seeks to restore the Zaydi imamate, a system of government that prevailed in North Yemen's highlands for centuries until the 1962 republican revolution. 
However, although the Houthis are critical of the Yemeni government's siding with the United States in the "global war on terror," they should not be lumped together with terrorist groups such as al Qaeda and its affiliates, something the Yemeni government and Saudi Arabia have been trying to do since 2004. Despite their incendiary rhetoric, the Houthis have never targeted Westerners or the tiny remaining Jewish population in northern Yemen.
Darüber hinaus, muss in Frage gestellt werden, inwiefern das Gebiet des Jemen eine regionale Bedeutung für den Iran hat. Einzig die Möglichkeit dem Rivalen Saudi-Arabien gegenübertreten zu können, lässt den Schluss einer iranischen Unterstützung zu. Die militärische Stärke der Houthis lässt sich dann auch ohne staatliche Unterstützung erklären. Sie hatten viel Zeit ihre Fähigkeiten im langen jemenitischen Bürgerkrieg zu trainieren. Bis auf einen unbestätigten Al-Arabiya-Bericht vom Oktober, dass Jemen ein Schiff mit Waffen aus dem Iran aufgebracht hätte, und es ein Treffen zwischen iranischen Geheimdienstlern, Hizbullah-Mitgliedern und Rebellen gegeben habe, gibt es keine weiteren Nachrichten über Aktivitäten

Das bedeutet nicht, dass diese Verbindung ausgeschlossen werden sollte. Aber viel problematischer ist die massive Intervention Saudi-Arabiens, das bisher auf Gesprächsangebote nicht reagiert hat. Zuerst unterstützten die Saudis den Jemen nur, dann griffen sie selbst in den Krieg ein. Gründe gab es genug, schließlich gab es massive Grenzverletzungen seitens der Rebellen, welche den großen Nachbarn bezichtigten, Stützpunkte auf saudischem Gebiet jemenitischen Truppen überlassen zu haben.

Um einen möglichen indirekten Konflikt mit dem Iran zu vermeiden, sollten die USA den jemenitischen Präsident Saleh darauf drängen mit Hilfe politischer Instrumente zur Befriedung des Konflikts beizutragen. Denn ansonsten könnte sich die als Al-Qaida-Jagd geplante Intervention zu einem langwierigen und komplexen Engagement auswachsen, das sowohl negative Effekte in der gesamten arabischen Welt auslösen, als auch den Atom-Streit mit dem Iran befeuern könnte. Saleh jedenfalls, der über den Jemen sagt, ihn zu regieren sei "wie auf den Köpfen von Schlangen zu tanzen", hat ganz andere Ziele als die USA und sieht den Terrorkampf als deutlich geringere Bedrohung für seine Macht, als die Sezessions-Bewegung im Süden und den Kampf der Houthis im Norden an.

Zurückhaltung in der Bewertung, sowohl über einen möglichen Stellvertreterkrieg, als auch über die Bedeutung von Al-Qaida im Jemen wäre also nach dem jetzigen Stand der Fakten angebracht. Denn die komplexen und historisch gewachsenen Strukturen des Konflikts, lassen sich mit einem "Partei X gegen Partei Y" nicht erfassen.

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