Sonntag, 11. Februar 2018

Warum sich UN-Friedensmissionen rechnen (und Trump falsch liegt)

Es gibt auch als objektiveR BeobachterIn des internationalen Geschehens genug Gründe UN-Friedensmissionen zu kritisieren. Historisch aufgrund des Versagens auf dem Balkan oder in Ruanda. Über die Zeit wegen der hohen Zahl an Missbrauchsfällen durch Soldaten der Missionen, oder aufgrund der behäbigen Kommandostrukturen und der hohen Kosten, die durch die langen Missionslaufzeiten anfallen.

Doch sollte bei aller Kritik auch immer jeweils die Frage gestellt werden: Wie sähe die Situation ohne UN-Mission aus und wie würde sich das auf die Stabilität in der Region und darüber hinaus auswirken? Vor allem: Würde ein einzelnes Land oder eine Koalition, deren Interessen nicht den eigenen nationalen Egoismen entspringen, eine solche Mission übernehmen?

Erstens: mutmaßlich schlechter und wahrscheinlich negativ.
Zweitens: Nein (Der Jemen ist dafür ein hochaktuelles Negativbeispiel).

Dennoch wird im Zuge der gegenwärtigen "Rückbesinnung" aufs Nationale die UN als rückständig, ineffektiv und teuer gebrandmarkt, die bestimmten Strömungen einen zu großen Raum einräumen würde. Beispiele seien Entscheidungen gegen Israel, oder die Hilflosigkeit gegenüber Staaten wie Russland, die Völkerrecht brechen, ohne dass dafür Konsequenzen drohen. Dies mag alles sein, doch liefern solche Beispiele nicht annähernd genug Munition, um die UN und ihre Friedensmissionen pauschal in Bausch und Bogen zu verdammen. Das stört einen Akteur wie US-Präsident Donald Trump natürlich nicht. Im Gegenteil, in solch diffizilen und komplexen Kontexten läuft er oft zu Hochform auf. Seine Strategie ist, natürlich, die Lüge. Den Ton setzt er selbst, auf seine eigene Art:
Das Problem bei Trump ist, dass selbst Kommentare zum Thema so wirr und inhaltsleer sind, dass es nicht immer leicht ist, daraus etwas wie "Politik" oder "Inhalte" abzuleiten. Wie hier:
In Wausau, Mr. Trump also turned his attention to the United Nations, warning that it could meet a fate similar to NATO under a Trump administration. “By the way, United Nations — same thing, smaller numbers,” he said, seeming to call for a pared-down version of the intergovernmental organization. “Where do you ever see the United Nations?” Mr. Trump continued. “Do they ever settle anything? It’s just like a political game. The United Nations — I mean the money we spend on the United Nations.”
Zusammenfassen lassen sich seine Äußerungen, u.a. auch aus seiner Rede vor den Vereinten Nationen, ungefähr so: Zu teuer, zu ineffektiv, zu wenig Nutzen für die USA.
The United States is one out of 193 countries in the United Nations, and yet we pay 22 percent of the entire budget and more. In fact, we pay far more than anybody realizes. The United States bears an unfair cost burden, but, to be fair, if it could actually accomplish all of its stated goals, especially the goal of peace, this investment would easily be well worth it.
Doch stimmt das? Denn andersherum ist die Rechnung, dass 78 Prozent der Ausgaben durch die anderen Mitglieder aufgebracht werden. Zum Ausbau und Aufrechterhaltung eines Systems, das unter Federführung der USA geschaffen wurde. Eines Systems, das den USA offensichtlich so wichtig ist, dass sie sich auch unilateral stark engagieren (dazu gleich mehr). Trump behauptet dabei ja immer gerne, er könne alles billiger und besser machen. Ein aktuelles Rechenbeispiel zeigt, dass er auch hier falsch liegt:

Quelle: GAO, via undispatch

Der kongresseigene Rechnungsof (GAO - Government Accountability Office of the United States) hat beispielhaft die UN-Friedensmission in der Zentralafrikanischen Republik durchgerechnet. Sie kostete seit 2014 etwa 2,4 Milliarden US-Dollar. Davon trugen die USA ihren Anteil, der knapp ein Viertel ausmachte. Hätten die USA alleine gehandelt, hätten sie aber nicht nur die gesamten Kosten von 2,4 Milliarden tragen müssen, sondern die Mission hätte fast sechs Milliarden Dollar gekostet. (Details zur Rechnung und den Faktoren, die dabei eine Rolle spielen, gibt es hier).

Nun kann man fragen, ob die unilaterale US-Mission nicht wirksamer hätte sein können. Oder ob die USA überhaupt ein solch großes Interesse an einer Mission in der ZAR hätten. Schließlich sagte Trump ja auch vor der UN-Generalversammlung:
As President of the United States, I will always put America first, just like you, as the leaders of your countries will always, and should always, put your countries first. (Applause.) 
(Wer bei diesen Worten applaudierte, kann man sich leicht vorstellen.) Letzteres Argument lässt sich nicht halten, wirft man einen Blick auf das globale Engagement des US-Militärs. Ganz offensichtlich haben die USA ein Interesse an einer weltweiten Militärpräsenz und der Intervention in Konflikte, die regionale oder globale Auswirkungen haben können:

Quelle: visualcapitalist

Auch wenn Trump vor den Vereinten Nationen sagte: 
It is an eternal credit to the American character that even after we and our allies emerged victorious from the bloodiest war in history, we did not seek territorial expansion, or attempt to oppose and impose our way of life on others. Instead, we helped build institutions such as this one to defend the sovereignty, security, and prosperity for all.
Ein Blick auf die Karte - und in die Geschichte der US-Außenpolitik widerlegt dies ebenfalls. Dabei geht es nicht darum die USA als internationalen Akteur zu diskreditieren, sondern daran zu erinnern, dass multlilaterales Handeln auch den scheinbar Stärksten nützen kann. Und den Schwächeren signalisiert: Zusammenarbeit und friedliche Koexistenz sind möglich. Jede andere Botschaft wird Letztere dazu bringen, sich zu fragen, wie man die eigene Schwäche ausgleichen kann. Ein Land wie China kann darauf eine einfache Antwort finden: die USA überflügeln. Die Rüstungsspirale hat jedenfalls schon begonnen sich zu drehen.

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