Donnerstag, 16. März 2017

Friedenskundgebung: Weltoffenheit ist manchen nicht genug

Es ist natürlich nicht so ganz bierernst gemeint und eine "flotte Schreibe" erfordert eben auch die Form der Zuspitzung. Dennoch ist es bemerkenswert, wie die heutige Ausgabe des Tagesspiel-Newsletters Checkpoint die Veranstaltung "Friedenskundgebung am Breitscheidplatz: "Religionen für ein weltoffenes Berlin"" aufgreift:

Quelle: Screenshot Tagesspiegel Checkpoint-Newsletter

Klar, aufgrund der Auswahl des Ortes liegt es nahe den Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt zu thematisieren. Doch kann es auch eine Leistung sein über unmittelbare Assoziationen hinauszugehen und einen breiteren Bezugsrahmen zu wählen:

Quelle: Screenshot qantara.de
Zumindest wird so ein wenig mehr deutlich, dass sich die Opfer religiöser Gewalt überall auf der Welt und natürlich überwiegend in anderen, entfernten Teilen derselben finden. Folgende Grafik zeigt Länder, in denen Menschen aufgrund ihrer religiösen Zugehörigkeit bedroht oder verfolgt werden:


Quelle: Social Hostilites Index - PEW Research Center
Und bezieht man das Ganze (wie der Titel nahe legt) auf Berlin und Deutschland ist es auch so, dass ein einzelner verheerender Anschlag nicht davon ablenken darf, dass es darüber hinaus regelmäßige religiöse Gewalt, Diskriminierung und Ausgrenzung gibt:

Quelle: Social Hostilites Index - PEW Research Center
Allein in Berlin zählte der zuständige Senat zum Beispiel 2015 mehr als 400 antisemitische Straftaten. Ein bisschen über den Tellerrand zu blicken, nicht nur an einzelne Großereignisse zu erinnern, möglichst viele Opfergruppen sichtbar zu machen und das Ganze am Besten noch in einen größeren Kontext zu stellen, schadet jedenfalls in dieser Sache kaum

"So allgemein" kann man an dieser Stelle also durchaus positiv sehen. Zumindest braucht kann mang getrost in diesem Zusammenhang auf eine Formulierung, die nahe legt, man würde mit der Wahl des Ortes und des Kundgebungsmottos Terroropfer vergessen oder herabwürdigen, verzichten.

Nachtrag 17.03.2017:

Das Berliner Büro des American Jewish Committee (AJC) zeigte sich „äußerst besorgt“, da "islamistische Akteure" beteiligt seien. Auch der fehlende Bezug zum Terroranschlag vom 19.12.2016 wurde kritisiert. Der Tenor der Medien war eindeutig: Islamistische Propaganda unter dem Deckmantel des interreligiösen Dialogs. Am Ende wurde in den Reden für Ausgleich und ein friedliches Miteinander geworben. Was nun mehr zählte und sichtbar, blieb offen. 

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