Mittwoch, 8. Juni 2016

(Unbeabsichtigt) Ressentiments schüren for Dummies

Es ist ja absolut in über die Lügenpresse zu schimpfen. Schlimm daran ist, dass es völliger Quatsch ist, hier eine polarisierte und ideologische Diskussion aufzuziehen. Medien sind nicht das Werkzeug der Regierung, um systematisch die eigene Bevölkerung zu belügen. Sondern sie veröffentlichen das, was gelesen wird. Was Klicks bringt, was die Reichweite erhöht und Aufmerksamkeit generiert. Davor sind auch Zeitungen mit überregionalem Anspruch nicht gefeit. Gerade wenn es um geflüchtete Menschen geht:



Was ist an der Meldung nun schlimm? Auf den ersten Blick nichts, ist eben eine Meldung über aktuelle Prognosen zu Flüchtlingszahlen. Auf den Zweiten aber schon, wenn man sich kurz in das Gehirn so manchen Facebook-Nutzers versetzt. Dort kommt da Ganze nämlich etwas anders an:

EXKLUSIV!!!!1! VORSICHT! HUNDERTTAUSENDE! Ich wiederhole HUNDERTTAUSENDE FLÜCHTLINGE, also irgendwie auch Menschen, aber hauptsächlich ja FLÜCHTLINGE (die sind nicht von hier. Die bekommen sogar noch GELD! vom StAat, damit sie nicht verhungern) könnten ihre Verwandten (also auch FLÜCHTLINGE) nachholen. NACHHOLEN! Das heißt, die kommen auch hier her. Da ist ein Kind hier und die Mutter kommt auch noch. Also das ist ja... Ach so, btw. Das sind weniger als gedacht. So weit haben sie gar nicht gelesen? Na dann. HUNDERTTAUSENDE!!!!1elf!

Natürlich ist es eine Kleinigkeit, aber es werden heute eben oft nur Überschriften gelesen. Maximal der Teaser. Und was soll es im Artikel noch für einen Mehrwert geben, fragt sich die Leserin und der Leser. Kommen eben noch mehr. Da wird dann auch übersehen, dass sogar zwei Journalisten in Berlin und Brüssel die Hintergründe recherchiert haben. Geschenkt. Botschaft ist angekommen und abgespeichert, wird geteilt, weiter erzählt oder setzt sich als allgemeines Gefühl fest. Auch aus Sicht der Süddeutschen ja eigentlich schade drum.

Richtig ist, es wird Familiennachzüge geben. Richtig ist auch, dass es weniger werden als man erwartet hat. Würde sich da nicht eine Überschrift anbieten wie: "Weniger Flüchtlinge holen Verwandte nach"? Oder: "Neue Prognosen rechner mit weniger Nachzug"? (Von mir aus auch "Warum weniger Angehörige von Flüchtlingen zu uns kommen", denn ohne Frage braucht man bei der Überschrift ja offenbar gar nicht mehr anzukommen). Nur so eine Idee.

Ach ja, hier der Link zum Artikel.

2 Kommentare:

  1. "Medien sind nicht das Werkzeug der Regierung, um systematisch die eigene Bevölkerung zu belügen. Sondern sie veröffentlichen das, was gelesen wird. Was Klicks bringt, was die Reichweite erhöht und Aufmerksamkeit generiert."

    hanebüchener unreflektierter blödsinn.
    der absolut nichts mit der gegenärtigen realität zu tun hat.

    ein mainstreammagazin das sich der wahrheit verpflichtend die bringen würde hätte ein gigantisches leserpotential...

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  2. Eine Schweizer Studie zum Thema, die man sich ansehen sollte.

    Wie globale Nachrichtenagenturen und westliche Medien über Geopolitik berichten

    https://swisspropaganda.files.wordpress.com/2016/06/studie-der-propaganda-multiplikator-2016-bd.pdf

    Fazit
    Diese Fallstudie bestätigt einerseits die hohe Abhängigkeit der geopolitischen Berichterstattung von den globalen Nachrichtenagenturen (63 bis 90%; ohne Kommentare und Interviews) bei gleichzeitigem Fehlen von eigener investigativer Recherche, sowie die einseitige Kommentie-
    rung der Ereignisse zugunsten der Konfliktpartei USA/NATO (82% positiv vs. 2% kritisch).
    Am ausgewogensten kommentierten dabei der Standard und die Presse
    aus Österreich sowie die kleinere Basler Zeitung aus der Schweiz.

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