Freitag, 15. August 2014

Phänomen Regierungsedits steht stellvertretend für Forderungen nach mehr staatlicher Transparenz

Immer wieder gab es in den vergangenen Jahren Diskussionen über angebliche Manipulationen der Online-Enzyklopädie Wikipedia. Die Firma Wiki-PR versuchte dies gegen Bezahlung in großem Stil, bis sie aufflog. Ein recht neues Phänomen versucht anonymen Änderungen von Behörden und Institutionen zu begegnen und möglichen Missbrauch aufzudecken. 

Automatisierte Bots tweeten einfach jede Änderung an bestimmten Artikeln, die von vorher festgelegten IPs vorgenommen wurden. Den Sinn und Zweck solcher Aktionen bezweifeln manche, sei es da auch marginale Änderungen geloggt werden, oder weil anonyme Änderungen ohnehin schnell von der Wikipedia-Community überprüft werden. Das wichtigste Argument ist aber wohl, dass professionelle Akteure andere Mittel und Wege finden Artikel zu manipulieren.

Dennoch ist es bemerkenswert, wie viele Edit-Bots sich in kurzer Zeit verbreitet haben. Sie heißen z.B. Regierungsedits, oder bundesedit. Pendants finden sich beispielsweise für Australien, Frankreich, Kanada, die Schweiz, Chile, GroßbritannienSchweden und die USA. Dort sogar für einzelne Bundesstaaten, wie Louisiana und Florida.

Sie alle dokumentieren die anonymen Änderungen an Einträgen. Wird der anonym verfasste Beitrag entdeckt, wird der Link automatisch gepostet. Aber nicht nur Parlamente oder Verwaltungen werden "überwacht", mittlerweile gibt es auch Accounts für Universitäten, wie Harvard oder gleich für ganz BerlinKirchen und Banken

Der Nutzen ist wie erwähnt zweifelhaft, ein kleines bisschen Mehr an Transparenz lässt sich jedoch nicht leugnen. Vor allem kommt hier auch ein sehr großes Misstrauen gegenüber staatlichen Institutionen zum Ausdruck, welches sicher durch die Ereignisse der vergangenen Monate, was den Umgang mit Daten angeht, verstärkt wurde.

Die meisten Änderungen sind eher unfreiwillig komisch und kein Hinweis auf eine groß angelegt Manipulation. Aber wenn eine IP des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge den Eintrag "Bodenradar" bearbeitet, so fragt man sich doch: Beschäftigen sich Mitarbeiter gerade mit einer umfassenderen Verfolgung von Asylsuchenden?


 

Oder beschäftigt sich die Bundeswehr im Rahmen der Ausbildung ihrer Soldaten vermehrt mit geeigneten Computerspielen?



Und wer im US-Repräsentantenhaus ist mit der Sichtung unbekannter Flugobjekte in Russland befasst?



Ohne eine detaillierte Auflistung der Veränderungen sind solche Tweets natürlich eher kurios, denn entlarvend. Da bedarf es schon eines eigenen Watchblogs. Allerdings zeigen die Beiträge zumindest, wer sich denn wie einen langen Tag in Behörde oder Parlament vertreibt. Allerdings, der ein oder andere unbedarfte Mitarbeiter eines Abgeordneten könnte so eben doch dabei erwischt werden, wie er einen unliebsamen Absatz einfach zu löschen oder zu glätten versucht.

In Brasilien hätte solch ein Dienst vielleicht etwas geändert. Dort wurden aus dem Netzwerk der brasilianischen Regierung mehrfach zwischen 2008 und 2014 Einträge kritischer Journalisten, Organisationen und Politiker manipuliert. Diese Vorgänge wurden nun erstmals gesammelt und von der Presse ausgewertet. 

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