Samstag, 8. Februar 2014

US-Politik: Snowden bleibt ein Verräter

Die Aufarbeitung der "Affäre um Edward Snowden"?, des "NSA-Skandals"?, der "enthüllten Deutungshoheit militärischer und nachrichtendienstlicher Organisationen über Gesellschaft, Politik und Wirtschaft"?, egal wie man die Ereignisse des vergangenen Jahres nennt, die Aufarbeitung jedenfalls stellt sich als extrem schwierig dar. 

In Europa und der restlichen Welt sind viele Menschen empört, auch wenn zahlreiche Politiker nur schlecht verstecken können, dass sie die Kontrolle ihrer Bürger für unabdingbar halten. Auch in den USA gibt es Widerstand, US-Präsident Barack Obama versprach Abhilfe. 

Wirft man aber einen Blick in die Administration und vor allem in die parlamentarischen Gremien, welche eigentlich die Interessen der Bürger durchsetzen und die Einhaltung der dafür notwendigen Regeln überwachen sollen, dann zeigt sich, dass die Hoffnung auf mehr Kontrolle und Reformen vollkommen naiv ist. 


Folgender Dialog entstammt aus einer Sitzung des US House Permanent Select Committee on Intelligence vom 04. Februar zwischen dem Vorsitzenden des Ausschusses, Mike Rogers, und dem Director of National Intelligence, James Clapper:

ROGERS: Erwarten Sie, dass der russische Nachrichtendienst bereits Gespräche mit dieser Person [Edward Snowden] geführt hat?

CLAPPER: Ich fände es unglaublich, falls sie dies nicht getan hätten.

ROGERS: Würden Sie erwarten, dass jemand, der nun in Russland lebt, dort aufgenommen wurde und sich mutmaßlich in russischem Gewahrsam befand, dass dieser jemand mit den Russen kooperierte, um dort bleiben zu können?

CLAPPER: Das ist sicherlich eine Möglichkeit.




Auf eine Nachfrage nach möglichen Beweisen wurde auf geheime Erkenntnisse und eine geschlossene Sitzung verwiesen. Clapper und zahlreiche Akteure der Administration sind auch der Ansicht, dass die Enthüllungen Edward Snowdens massiven Schaden angerichtet hätten: 

Even though public polls show Americans are increasingly concerned about their privacy—and oppose the agency's once-secret collection of telephone and Internet metadata—Director of National Intelligence James Clapper said the revelations from the former NSA contractor caused "massive" and "historic" damage to U.S. security. [...] The public, another Insider said, "will never know the full cost, and therefore will never be able to truly understand the damage Snowden did. A true 'Patriot,' which he claims to be, would have given the documents to Congress and stayed in the U.S. to face the consequences. He's a coward." Several Insiders also chose to insult Snowden, calling him "a vainglorious traitor" and "a charlatan."
Nun muss niemand Snowden als Held verehren. Aber die Dämonisierung Snowdens, die Tendenz ihn als Verräter zu brandmarken und seine Enthüllungen als Bedrohung der nationalen Sicherheit zu klassifizieren sorgen dafür, dass die entscheidenden Diskussionen überhaupt nicht geführt werden. 

Angesichts des ständigen Ausbaus von Cyberwar-Kapazitäten und Überwachungsfähigkeiten stellt sich die Frage, ob die Aufrechterhaltung des enthüllten Systems an sich nicht eine grundsätzliche Bedrohung der globalen Freiheit darstellt. Eine Bedrohung, die eben nicht durch einige wenige Reformen ausgeschaltet werden kann, sondern sich direkt aus der Logik und dem Funktionieren des Systems ergibt. 

Vor allem wenn die entscheidenden Akteure, also z.B. der Chef aller Geheimdienste und einer der wichtigsten Kontrolleure derselben, diese Bedrohung überhaupt nicht wahrnehmen. Schlimmer noch: Rogers bezeichnete den Journalisten Glenn Greenwald als Dieb und warf ihm den illegalen Verkauf gestohlenen Materials vor. Pressefreiheit und öffentliches Interesse spielen so in der Abwägung der politischen Verantwortlichen offensichtlich eine sehr untergeordnete Rolle.

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