Mittwoch, 23. Oktober 2013

Globaler Frieden ist mehr als sieben Billionen Euro wert

Die gesamtwirtschaftliche Kosten aller weltweiten Konflikte betragen laut des australischen Institute for Economics and Peace mehr als sieben Billionen Euro pro Jahr. Eine Reduktion der globalen Gewalt um weniger als 25 Prozent würde eine Summe einsparen, mit der die Millenium Development Goals der Vereinten Nationen erreicht, die öffentlichen Schulden Griechenlands, Portugals und Irlands getilgt, sowie die Folgekosten der Reaktorexplosion von Fukushima beglichen werden könnten. Und es wäre danach noch Geld übrig. Von all den geretteten Menschenleben ganz zu schweigen.

Die Zahlen der Studie basieren auf dem institutseigenen Global Peace Index. Sie seien zudem konservativ geschätzt, d.h. die tatsächlichen ökonomischen Effekte könnten noch größer sein. Die Datenlage bezüglich der Auswirkungen von Gewalt sei jedoch stark verbesserungswürdig. Untersuchte Variablen sind u.a. Militärausgaben oder die direkten monetären Folgen von Tötungen. Die Interdependenz von Frieden und wirtschaftlicher Entwicklung lassen allerdings keinen eindeutigen Kausalschluss zu. 


  Quelle: Weltbank 2011: 4.

Dass wirtschaftliche Entwicklung Konflikte mit auslösen (ein Beispiel sind Ursachen des Arabischen Frühlings) oder befeuern (zahlreiche Beispiele finden sich im subsaharischen Teil Afrikas, oder in Kolumbien) können, steht außer Frage. Genauso ist jedoch davon auszugehen, dass tief sitzende Konflikte nicht ohne politische und zivilgesellschaftliche Anstrengungen gelöst werden können und erst auf dieser Basis nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung möglich ist. 




Betrachtet man die geschätzten Effekte über einen längeren Zeitraum, so ergeben sich riesige Summen für die Konfliktbearbeitung:
When reviewing the economic performance of Afghanistan, the Institute for Economics and Peace calculated its 2010 per capita income as approximately $1,000, the same amount as in 1970 before the Afghan Civil War began. This would suggest that lasting conflict in Afghanistan has resulted in 40 years of economic stagnation instead of what could have been $39 billion in growth. 
Die Weltbank kommt in einem Bericht zu einem ähnlichen Schluss. Anhaltende und sich wiederholende Konflikte haben danach zudem regionale und globale Auswirkungen. Tansania zum Beispiel verliert jedes Jahr geschätzte 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aufgrund von Konflikten in oder zwischen Nachbarstaaten, ohne an diesen beteiligt zu sein.

Nun kann man, was die Zahlen angeht, durchaus skeptisch sein. Die Auswirkungen eines solch umfassenden Phänomens können nur grob geschätzt werden. Die Potentiale dürften jedoch klar sein. Was in solchen Studien oftmals unter den Tisch fällt, ist Verteilungsgerechtigkeit. Ohne sie ist jeder Versuch der Konfliktreduktion zum Scheitern verurteilt.

Denn wirtschaftliche Entwicklung kann durchaus angestoßen werden, ohne Gerechtigkeitsfragen zu thematisieren. Allerdings sind "konfliktgeschädigte" Länder zumeist auch nach einer Befriedung mit einer starken Ungleichverteilung des wirtschaftlichen Reichtums und fragilen Institutionen konfrontiert. Wird dies vergessen und wirtschaftlicher Erfolg nur anhand von absoluten Zahlen abgebildet, droht wachsende Ungleichheit bzw. die Zementierung von gesellschaftlichen Positionen. Dies legt die Saat für einen erneuten Konflikt.

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