Montag, 9. September 2013

Ägypten: Vom Regen in die Traufe?

Ägyptens Transformation ist weiterhin im vollen Gange, auch wenn die Meldungen über das Land trotz anhaltender Proteste und Gewalt immer weniger werden. Im Folgenden ein paar Artikelhinweise zur Situation im Land:
Christian Wolff, 03.07.2013, Fokus-nahost.de: Der Sturz Hosni Mubaraks hat also offensichtlich ein Machtvakuum hinterlassen, welches der Militärrat (SCAF) und auch die folgende zivile Regierung nicht wirklich füllen konnten. Deutlich zeigt sich dies an der Instabilität im Bereich der öffentlichen Sicherheit, wie auch an den institutionellen Streitigkeiten und der weiterhin stagnierenden wirtschaftlichen Lage. Es zeigt sich jedoch auch, dass das Militär bereits 2011 die Situation erkannt hat und sich strategisch in seiner Rolle als Hüter der Nation öffentlich präsentiert hat. Aus dieser Positionierung heraus kann das Militär nun gewissermaßen als überkonstitutioneller Akteur agieren, und genau dies ist die Gefahr.

Benjamin Moscovici, 21.08.2013, Zenith online: Die polarisierte öffentliche Meinung lässt nur noch Platz für zwei Versionen der Ereignisse der vergangenen Wochen und der näheren Zukunft Ägyptens. Die einen sehen in dem Sturz des ehemaligen Präsidenten Mursi einen Militärputsch, die anderen eine Fortsetzung der Revolution. Während die einen sich vor einer brutalen Verfolgung von Muslimbrüdern und Islamisten wie in den 1990er Jahren unter Mubarak fürchten, hatten die anderen Angst, ihren demokratisch gewählten aber autokratisch regierenden Präsidenten nicht mehr los zu werden. Es gibt nur noch ein Dafür oder Dagegen. Wer sich um Ausgewogenheit und Ausgleich bemüht, wird von beiden Seiten beschimpft.

Martin Gehlen, 08.09.2013, Tagesspiegel: Nach den Muslimbrüdern gehen Ägyptens neue Machthaber jetzt auch gegen säkulare Aktivisten vor. Auch Journalisten sind im Visier der neuen Herren. [...] Wie die Mursi-Führung sind auch die neuen Herren in Kairo nicht an einer politisch agilen Zivilgesellschaft interessiert, die ihre autoritären Machtzirkel stören könnte.
Dass das Militärregime nicht ohne weiteres Platz für demokratische Strukturen machen wird, dokumentiert auch folgende Meldung: Der ehemalige ägyptische Ministerpräsident Ahmed Shafiq würde Armee-Oberhaupt General Abdel Fattah al-Sisi im Falle einer Kandidatur für das Präsidentenamt unterstützen und nicht gegen ihn antreten. 

Offenbar positionieren sich schon die ersten politischen Akteure, um einerseits nicht ins Visier der Führung zu geraten und um andererseits ihren Platz in einem Staat zu sichern, der nicht nur militärisch und wirtschaftlich, sondern auch politisch von nicht zivilen Strukturen dominiert wird. Änderungen im politischen System, z.B. im Wahlsystem drohen diese Strukturen zu festigen.

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