Sonntag, 30. Dezember 2012

Vergessener Massenmord: In Indonesien wurden 1965/1966 mindestens eine halbe Millionen Menschen Opfer antikommunistischer Massaker

Die Zeit der Feiertage bringt ja angeblich auch eine Phase der Besinnlichkeit und der Besinnung mit sich. Stimmt dies, so wäre hier der richtige Platz, um an vergangene Ereignisse zu erinnern, von denen selbst interessiere Beobachter vermutlich noch nie etwas gehört und gelesen haben:

Vor knapp 50 Jahren wurde in Indonesien einer der verheerendsten Massenmorde des 20. Jahrhunderts verübt. Zwischen 500.000 und drei Millionen Menschen wurden zwischen 1965 und 1966 als angebliche Kommunisten verfolgt und getötet. Tausende wurden ohne Gerichtsverfahren gefoltert oder verschwanden einfach. Im Land selbst wurde dieses dunkle Kapitel kaum aufgearbeitet, in Schulbüchern beispielsweise sucht man die Morde vergebens.

Die Bewegung 30. September (indonesisch Gerakan September Tiga Puluh) wurde nach dem verhängnisvollen Datum eines Putschversuchs benannt, bei dem sechs führende Generäle der Armee ermordet wurden. Die Hintergründe des Vorfalls wurden dabei nie offiziell untersucht. Letztendlich wurde aber die Gestapu-Gruppe, bestehend aus Kommunisten, für den Vorfall verantwortlich gemacht.  

Nach und nach zum Vorschein gekommene Quellen verweisen auf eine direkte oder mittelbare Urheberschaft des amerikanischen Geheimdienstes CIA für den versuchten Putsch. Dabei musste diese Unterstützung gar nicht im Verborgenen geschehen, entsprachen die Säuberungen offenbar dem damaligen Zeitgeist, wie ein Artikel des schwedischen Aftonbladet aus dem Jahr 2005 meint:
Amerikanische Elitemedien begrüßten den Völkermord. Nach Time Magazin war das die „Beste Nachricht seit Jahren in Asien“ und schrieb glücklich über „das heiße Blutbad, das 400 000 Leben kostete, und kaum jemand bemerkte es“. Selbst die New York Times war ganz außer sich, hat ihn aber mehrere Jahre später als „eine der barbarischten Massenabschlachtungen der Welt in der modernen politischen Geschichte“ bezeichnet. Eine Ursache für die ausländische Einmischung war, außer der Domino-Theorie, der Reichtum Indonesiens an Öl und Mineralien. 1967 war Genf Gastgeber einer Konferenz, auf der die Großunternehmen die Naturreichtümer des Landes unter sich aufteilen durften – ein bisschen so wie in unseren Tagen der Wettlauf der Unternehmen im Irak.
Monatelang wüteten orchestrierte Mobs, Menschen töteten ihre eigenen Nachbarn. Schon direkt nach dem missglückten Putsch wurde der Massenmord eingeleitet:
Am Anfang der Massaker stand eine gigantische Lüge. Die vom Suharto-Militär gelenkte Presse zeichnete ein grausiges Bild von der Ermordung der sechs gefangenen Generäle durch Untung- Leute: »Kommunistische Weiber mit Messern« hätten die Offiziere gefoltert und zerstückelt. Unter dem Eindruck dieser Propaganda folgten in Jakarta eine Million Menschen der Prozession zur Beisetzung der getöteten Generäle.
Angehörige und Nachkommen von kommunistischen Politikern wurden auch danach noch gesellschaftlich geächtet. Eine aktuelle Al-Jazeera-Reportage beschäftigt sich mit den Hintergründen und lässt damalige Täter zu Wort kommen:



Der Produzent des Films beschreibt eine Begegnung folgendermaßen:
Ndoren is an old man who does not know his real age. He has only two teeth left, but smiles a lot. He told us he was an executioner. We went with him to Luweng Tikus, or the Rat hole as local people call it - the location where soldiers forced him to kill more than 40 people, some of whom he knew personally.

In front of the 42 metre deep hole he told us his story, continuously warning us not to go any closer. The alleged communists were brought in by the military after walking in the dark for hours, with their hands tied. They were lined up in front of the hole. Then, one by one, Ndoren hit each of them on the back of the head with a crowbar and threw them into the hole. He said they hardly struggled, as if they had already accepted that they were going to die.

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