Die Vereinten Nationen haben zum Boykott israelischer und internationaler Unternehmen aufgerufen, die in Siedlungen im Westjordanland produzieren, oder von deren Existenz profitieren. Konkret kommt der Aufruf aus dem Büro des UN-Menschenrechtskommissars.
So radikal und populistisch diese Forderung klingen mag, letztlich beruft sich der Sondergesandte Richard Falk, zuständig für die Situation der Menschenrechte in den besetzten Gebieten, auf längst verabschiedete UN-Resolutionen und Beschlüsse und allgemein anerkannte Regeln für Unternehmen.
Der US-Amerikaner sagte, dass "alle israelischen Siedlungen im Westjordanland, inklusive Ostjerusalem" internationales Recht verletzten. Insgesamt würden die Siedlungen mittlerweile 40 Prozent der Gesamtfläche einnehmen und zwischen 500.000 und 600.000 Menschen beherbergen. Alleine in den vergangenen 12 Monaten sei die Zahl der Bewohner um 15.000 Menschen gewachsen.
Insofern seien die Vorgaben der Vereinten Nationen klar: "Unternehmen sollten den Schutz international anerkannter Menschenrechte unterstützen und respektieren und sicherstellen, dass sie in keine Verletzung von Menschenrechten involviert sind", sagte der US-Amerikaner Anfang der Woche.
Er nannte auch konkrete Namen von Unternehmen, die diese Anforderungen verletzen würden: "Caterpillar Incorporated (USA); Veolia Environment (France); G4S (United Kingdom); The Dexia Group (Belgium); Ahava (Israel); the Volvo Group (Sweden); the Riwal Holding Group (the Netherlands); Elbit Systems (Israel); Hewlett Packard (USA); Mehadrin (Israel); Motorola (USA); Assa Abloy (Sweden); Cemex (Mexico)."
Falk bezieht sich in seinem Bericht auch auf die Leitlinien des Roten Kreuzes, was die Frage von Unternehmensverantwortung im Rahmen bewaffneter Konflikte angeht: "Kurz gesagt, internationale Unternehmen sollten Vereinbarungen des internationalen Rechts nicht brechen."
Seine Empfehlung sei, dass die genannten Unternehmen, aber auch alle anderen, die von dem Zustand profitieren würden, boykottiert werden, bis sie ihre Unternehmensaktivitäten in Einklang mit dem Völkerrecht bringen.
Es gebe bereits positive Antworten von Unternehmen, wie z.B. Assa Abloy, Dexia Group, G4S, und Cemex: “It is encouraging to be informed that Assa Abloy has moved its Mul-T-Locks factory from the West Bank to Israel, and that The Dexia Group, G4S, and Cemex are looking for ways to bring their operations into line with their commitments under the UN Global Compact", sagte Falk.
Auch deutsche Verbraucher sind von dem Aufruf betroffen. So nennt der Bericht des Sonderabgesandten zum Beispiel die Firma Ahava, welche Pflegeprodukte auf Basis von Salz aus dem Toten Meer in mehr als 30 Ländern, darunter auch Deutschland vertreibt. Zu bekommen z.B. bei Karstadt, Amazon, oder Galeria Kaufhof.
Der Bericht bemängelt zum Beispiel die Kosmetikprodukte der Firma Ahava, welche auch in Deutschland vertrieben und im Internet bestellt werden können. Kaum anzunehmen, dass Käufer die Hintergründe der Produkte kennen.
Aber natürlich sind auch multinationale Konzerne, wie Volvo, Motorola, Veolia oder HP in Deutschland relevant. Veolia, Dienstleister im Bereich Wasser, Energie und Entsorgung, zum Beispiel schreibt von sich:
Veolia Wasser, Veolia Umweltservice, Veolia Energie/Dalkia und Veolia Verkehr decken eine einzigartige Bandbreite von Umweltdienstleistungen ab. Überall in Deutschland sind sie als Partner von Städten und Gemeinden, öffentlichen Aufgabenträgern oder Industrieunternehmen erfolgreich in langjährigen Partnerschaften tätig. 312.000 Mitarbeiter sorgen dafür, dass unsere Kunden zuverlässig und auf höchstem Qualitätsniveau bedient werden - egal, ob es um die Trinkwasserversorgung und Abwasserbehandlung, um Entsorgung und Recycling, um Energiedienstleistungen oder den Personenverkehr geht.
Ein gemeinsamer Nenner all unserer Aktivitäten: Sie betreffen genau jene Bereiche, in denen unsere Städte vor den größten Herausforderungen stehen. In denen es darum geht, verantwortungsvoll mit knappen Ressourcen umzugehen. Darum, die menschliche Entwicklung mit den Anforderungen des Klimaschutzes zu versöhnen. Darum, den Bewohnern hochwertige Dienstleistungen anzubieten, die ökonomisch, ökologisch und sozial nachhaltig erbracht werden. Lernen Sie uns kennen!Die Nachhaltigkeit auf internationaler Ebene wird durch den UN-Bericht offensichtlich in Frage gestellt. Israelische Offizielle nennen oftmals als Argument in dieser Diskussion, dass auch Palästinenser von der wirtschaftlichen Entwicklung im Westjordanland profitieren würden. Doch, unabhängig von völkerrechtlichen Fragen, lässt dies die massiv eingeschränkte Bewegungsfreiheit kaum zu. Auch speziell geschaffene Industrieparks, zum Teil mit deutschem Geld errichtet, helfen da kaum.
Die Boykott-Forderungen sollen nicht verkennen, dass der Konflikt eine hochkomplexe Struktur aufweist und Israel nicht für jegliche Eskalation und negative Entwicklung verantwortlich ist. Die Spirale aus Gewalt und Gegengewalt erfordert zwei Seiten.
Doch die ständige Vergrößerung der Siedlungen nimmt den Palästinensern einen immer größeren Teil ihrer Lebensgrundlage und ihres Lebensraumes. Israelische Bürger sehen dies ebenfalls mit Sorge, sinkt so die Möglichkeit einer friedlichen Lösung noch weiter.
Insofern gibt es nicht nur in den besetzten Gebieten, sondern auch in Israel und auf aller Welt die Auffassung, dass eine Kennzeichnung von Produkten, welche aus illegalen Siedlungen stammen, oder ein Boykott der richtige Weg wäre. Südafrika hat es vorgemacht, dort sollen alle betroffenen Produkte nicht das Label "Made in Israel", sondern "Made in Occupied Palestine" (was politisch auch nicht ganz korrekt ist, da es Occupied Palestinian Territories" heißt) erhalten.
Es liegt also auch an den Verbrauchern ihren Teil zur Lösung des Nahostkonflikts beizutragen. So winzig dieser auch sein mag.
Der gesamte UN-Bericht mit der Nummer A/67/379 ist hier abrufbar.
Ich lebe hier in Israel, aber nicht in einem Judenstaat! Ich bin kein Fan von BDS, aber zum Teil befürworte ich Boykottmaßnahmen gegen den israelischen Staat und das israelische Kapital. Leider müssen wir selber hier zugeben: Dieser Staat wir sich nicht mehr am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen, in dem es seit Jahrzehnten steckt. Zu diesem schmerzenden Schluss kam ich zu Beginn der 2. Intifada, und trotzdem lebe ich noch hier. Der Internationale Gerichtshof hat sich im Jahr 2004 deutlich gegen die Mauer ausgedrückt. Trotzdem ist auch auf internationaler Ebene nichts geschehen. Die Boykottbewegung hat sich als Reaktion auf dieses Urteil Im Haag formiert. Natürlich ist es wichtiger, den Kauf von Flugzeugen und Panzern zu verhindern, als von Bananen. Das Argument, ein Boykott schwäche die palästinensischen Arbeiter, ist nicht sehr stark. Ich als israelischer Bürger und Konsument und Arbeitnehmer bin ja auch davon betroffen, trotzdem überzeugt es mich nicht. Aus dem gleichen Grund müsste man gegen jede Abrüstung sein.
AntwortenLöschenIch hänge hier etwas an, das damit zu tun hat:
http://abumidian.wordpress.com/deutsch/nicht-in-unserm-namen/brook