Noch nie war die israelische Besatzung so unsichtbar wie heute. Auch in Hebron, einst ein Zentrum des Kampfes zwischen Israelis und Palästinensern, ist es relativ ruhig. Doch ein Besuch dort zeigt, wie tief die Wurzeln des Konflikts reichen und wie den Mechanismen der Besatzung nicht nur viele Palästinenser zum Opfer gefallen sind, sondern sie auch bei den israelischen Soldaten Spuren hinterlassen haben.
„So kontrolliert man dieses Gebiet, so funktioniert Besatzung. Es geht nicht anders.“ Ein Lächeln begleitet diese Worte, Worte aus dem Mund von Ayyal, 28 Jahre alt und ein ehemaliges Mitglied einer Eliteeinheit, die in Hebron kurz nach dem Ausbruch der Zweiten Intifada Dienst tat. Sein Gesicht gibt nichts preis, der Versuch in seinen Augen seine Gefühle zu lesen, wenn er von Schießereien und Verhaftungen erzählt, schlägt fehl. Muss vielleicht für den unmöglich sein, der Krieg nur aus den Nachrichten kennt.
Hebron war und ist Teil dieser Nachrichten. Auch wenn viele Israelis die dortige Realität weit entfernt wähnen und nicht wahrhaben wollen. Die Fahrt von Jerusalem dauert keine 45 Minuten, die Straße dorthin führt an Weinbergen vorbei, die Hügel vervollkommnen das pittoreske Panorama. Doch blickt man genauer hin, zeigen sich schon auf der Fahrt Zeichen des Konflikts, der in Hebron in wenigen Straßenzügen verdichtet ist. Während im Tal vor allem palästinensische Dörfer zu sehen sind, tauchen auf den Bergkuppen immer wieder jüdische Siedlungen auf. Und nicht nur Siedlungen, sondern auch sogenannten Außenposten. Manchmal nur einzelne Wohnwagen, manchmal schon ein paar Hütten, ein Feldweg, immer mit Stacheldraht und oft mit Stellungen der israelischen Armee versehen.
Denn das ist ein großer Teil der täglichen Arbeit der IDF, der Israel Defense Forces, im Westjordanland. Die Sicherheit der Siedler zu gewährleisten. Ayyal, der seit etwas mehr als einem Jahr für die Veteranenorganisation Breaking The Silence (BTS) arbeitet, erzählt dies ohne Wertung. Ohnehin sei das Verhältnis ein sehr zwiespältiges zwischen den Soldaten und den Siedlern. Ein Ausspruch einer jüdischen Siedlerin aus Hebron drückt dies vielleicht am besten aus: „Wir hassen die Armee, aber wir lieben die Soldaten.“ Denn im Zweifel sind die Einsatzregeln eindeutig, die Unversehrtheit der Siedler steht an erster Stelle, auch wenn die israelischen Soldaten dabei oft zusehen, wie diese Palästinenser angreifen und ihr Eigentum zerstören oder selbst zum Ziel der Gewalt von Siedlern werden.
Eine geteilte Stadt
Viele von den Soldaten haben in Hebron ihre aufwühlendste Zeit erlebt. Grund ist die Lage der Siedlungen. Etwa 800 jüdische Siedler leben nahe dem Zentrum der geschäftigen Handelsstadt, der zweitgrößten Stadt im Westjordanland. Zu ihrem Schutz wurde die Stadt in zwei Zonen aufgeteilt, H1 entspricht in etwa der Zone A, wo sowohl Verwaltung und Sicherheit in den Händen der Palästinenser liegen. H2 gilt als Zone C, ist also komplett Israel unterstellt, was aber nicht ganz zutrifft, da die palästinensische Stadtverwaltung beispielsweise für die Müllbeseitigung zuständig ist. Die Grenzen der Zonen sind nur für die Palästinenser unverletzlich, israelische Soldaten dringen immer wieder auf die andere Seite vor und errichten dort Stellungen. In einem Gespräch mit der Washington Post vom März diesen Jahres sagte das palästinensische Stadtoberhaupt Hussein al-Araj: „An einem Tag sagen sie, das ist H1“, während er mit dem Finger über die Karte fährt. „An einem anderen Tag, sagen sie das. Deswegen kann ich es nicht genau sagen.“
Seit 1994 wurde die Innenstadt Hebrons schrittweise den Sicherheitsbedürfnissen der Siedler angepasst
(Karte: B´Tselem)
(Karte: B´Tselem)
Doch es ist leicht zu bestimmen, wo das Zentrum von H2 ist. Dort, wo die Stille ist. Die Straßen sind wie leer gefegt. "Ghost Town" nennen viele die Innenstadt Hebrons. Es ist einfach zu verstehen, angesichts der verschlossenen Eisentüren der Geschäfte, der zerbrochenen Scheiben der Wohnhäuser, geborsten von den Steinen der Siedlerkinder. Soldaten, die über ihren Dienst in Hebron sprechen, nennen immer wieder die Gewalt von minderjährigen Siedlern als große Herausforderung, beschreiben ihre Hilfslosigkeit bei Übergriffen gegenüber Palästinensern. Ein Soldat sagte: „Die Kinder sind schrecklich, wirklich. Der Horror. Die Eltern wissen es, okay? Wir konnten nichts machen. Irgendwie impfen sie ihren Kindern diesen Hass ein.”
Verlassene Häuser an der Al-Shuhada-Straße
Wurzeln des Konflikts
Hass, der in diesen Straßenzügen immer wieder hervor bricht. Die ersten Siedler kamen vor mehr als 40 Jahren. Kurz nach dem Ende des Sechstagekrieges 1967 quartierten sich Israelis in einem Hotel in Hebron ein – und blieben. Kurz darauf entstand nahe des Zentrums die offizielle Siedlung Qiryat Arba, die heute mehr als 7.000 Einwohner hat. 1979 besetzte eine Gruppe von Frauen mit Kindern das erste Haus in der Altstadt. Sie beriefen sich auf die jüdische Tradition in Hebron, auf das jüdische Leben, das 1929 jäh endete, als 67 Juden bei einem Massaker getötet wurden. Ehemals gute Beziehungen zwischen den beiden Religionen schlugen damals in Hass um, im ganzen damaligen Palästina gab es Übergriffe, Racheakte, die Spirale der Gewalt setzte sich in Gang. Die jüdische Gemeinde verließ daraufhin Hebron. Nun sind die zumeist radikalen Siedler entschlossen, ihr vermeintliches Recht auf Rückkehr durchzusetzen. Der Sprecher der Siedler, David Wilder, bezeichnet Hebron immer wieder als „New Tel Aviv“, als eigentliche neue Hauptstadt der Juden, wie sie Theodor Herzl errichten wollte.
Diese Ansicht rührt aus der religiösen Bedeutung des Ortes her. Sie bezieht sich vor allem auf die Höhle Machpela, welche auch das Grab der Patriarchen genannt wird. Sie ist nach dem Tempelberg die heiligste Stätte des Judentums. In ihr sollen sich die Ruhestätten der drei Erzväter Abraham, Isaak, Jakob und ihrer Frauen Sara, Rebekka und Lea befinden. Auch muslimischen und christlichen Gläubigen gilt der Komplex daher als heiliger Ort, ein Teil wird als Synagoge genutzt, ein anderer als Moschee. Am 25. Februar 1994 verübte dort der Siedler Baruch Goldstein einen Anschlag auf muslimische Palästinenser, bei dem 29 Menschen getötet und 150 verletzt wurden. Ausschreitungen waren die Folge und die schleichende Teilung von Hebron wurde festgeschrieben. Während der Zweiten Intifada töteten palästinensische Militante 17 israelische Soldaten und fünf jüdische Siedler, die Armee erschoss mindestens 88 Palästinenser, viele unbewaffnet, im Zuge des Aufstands. Fast 20 Jahre vorher, 1980, hatten Palästinenser eine Gruppe von Juden mit Handgranaten angegriffen und sechs Menschen getötet.
Ergebnis von alldem ist, dass etwa 35.000 palästinensische Einwohner Hebrons unter Einschränkungen der Bewegungsfreiheit und viele unter gewaltsamen Übergriffen gelitten haben, oder noch leiden. In unmittelbarer Nachbarschaft der Siedlungen mussten die meisten Familien ihre Häuser verlassen, Ladenbesitzer ihre Geschäfte schließen. Im Zuge der Zweiten Intifada wurden von etwa 2.000 Wohnungen und Häusern mehr als 600 aufgegeben, von 1.700 Geschäften existieren heute noch etwa 550. Strategisch wichtige Positionen wurden von der Armee eingenommen: „Wir vertrieben die Ladenbesitzer innerhalb von zehn Minuten, alles blieb dort, wie es war“, erzählt Ayyal. Nahe der Siedlungshäuser sind die Straßenabschnitte komplett, oder zumindest für den Autoverkehr gesperrt – für Palästinenser. Betonbarrieren trennen manche Straßen, arabische Bewohner werden trotzdem von Kindern angespuckt oder mit Steinen beworfen. Doch nicht nur die Repressionen und die Gewalt seitens der Siedler ließ die meisten Bewohner aufgeben.
Betonbarrieren trennen Juden und Palästinenser auf dem Weg zum Grab der Patriarchen
Der eiserne Griff des Militärs
Auch die Präsenz und die Gewalt der Armee prägt das Leben der Menschen in Hebron. Nächtliche Hausdurchsuchungen, Verhaftungen, körperliche Gewalt oder der Einsatz tödlicher Waffen, all dies war Alltag in Hebron und ist auch heute jederzeit möglich. Während seiner Dienstzeit sei immer um 18 Uhr „sporadisches“ Feuer seitens der Palästinenser eröffnet worden, von den Hügeln, den Häusern um den muslimischen Friedhof, sagt Ayyal. „Unser Kommandant entschied, dieses Spiel zu beenden. Wir brachten schwere Waffen in Stellung, Granatwerfer, die 88 Schuss pro Minute abfeuern und antworteten um 18 Uhr mit massivem Feuer“, er klingt immer noch verwundert, ob des Wahnsinns mit solchen Waffen in bewohntes Gebiet zu feuern. „Es funktionierte nicht“, sagt er. Also hätten sie bereits um halb sechs angefangen zu schießen, um die Palästinenser daran zu hindern, das Feuer zu eröffnen. Auch das habe nicht funktioniert, also hätten sie mit „violent patrols“ begonnen. Patrouillen, die in Häuser eindrangen, Schock- und Blendgranaten zur Abschreckung einsetzten, um jede Aktion im Keim zu ersticken. „Ist es wert diesen Preis zu bezahlen?“, fragt Ayyal nachdem er geendet hat. Yehuda Shaul, einer der Gründer von BTS steht nachdenklich in seiner Nähe, während die Frage in der durchdringenden Stille unbeantwortet bleibt.
Die Frage, die viele der ehemals in Hebron stationierten Soldaten umtreibt. Und letztlich zur Gründung von Breaking the Silence im März 2004 führte. Die Organisation machte auf sich aufmerksam, als sie Aussagen von Soldaten sammelte und veröffentlichte. Zahlreiche Medien und Politiker verurteilen die Soldaten auch heute noch als Nestbeschmutzer. Doch genauso, wie sie in der Frage der Siedlungen keine eindeutige Stellung bezieht, verzichtet die Organisation auch auf eine umfassende Kritik am Vorgehen der Armee. „So funktioniert Besatzung“, der Satz von Ayyal macht deutlich, was die Soldaten und die Armeeführung von der Situation halten. Wenn die israelische Gesellschaft will, dass Siedler in Hebron leben, dass Siedler auf den umliegenden Bergkuppen illegal palästinensisches Privateigentum besetzen und sich dann durch Soldaten schützen lassen können, dann wird die Armee diesen Auftrag erfüllen. Wenn die israelische Öffentlichkeit dauerhaft Besatzungsmacht bleiben will, dann wird die IDF dafür sorgen, dass diese Stellung nicht ins Wanken gerät.
So kritisieren die meisten Veteranen, die sich interviewen ließen, vor allem eins: Die Unwissenheit und die Naivität der israelischen Gesellschaft. Sie wolle nicht wahrhaben, was in den besetzten Gebieten passiere, sagte einer. Und ein anderer: „Ich würde sagen es ist absurd. Ich würde sagen, es korrumpiert uns. […] Ich würde sie bitten alles zu verfolgen, zu verstehen, dass dies für unsere Gesellschaft, sogar aus den selbstsüchtigsten Beweggründen, dass dies unser schlimmstes Übel ist, das gefährlichste von allen für die israelische Gesellschaft, für die Menschen, den Staat, die Wirtschaft, Gesellschaft und Bildung. Einer unserer größten Übel. Unser Tumor.“
Systematische Repression und individuelle Gewalt
Es ist ein schmaler Grad, um individuelle Schuld nicht unter dem Deckmantel der ergangenen Befehle zu verschleiern. Auch Ayyal weiß das. Er sagt: „Wenn man im Kampf ist, hat man eine sehr verengte Sichtweise. Es tut mir leid, aber so ist es.“ Sein Kommandeur sagte, er könne seinen Soldaten nicht erlauben, alles auf die Moral hin zu überprüfen. Ein Kommandeur einer Armee, die sich die moralischste der Welt nennt. Doch Krieg ist nicht moralisch, Grenzen verfließen und am Schluss steht außer Frage, dass persönliche Schuld und systematische Missachtung von moralischen Grenzen dasselbe Ergebnis produzieren.
Ayyal war Mitglied einer Eliteeinheit, die in Hebron während der Zweiten Intifada operierte: "Ich bin wütend auf meine Eltern, die vor einem Monat das erste Mal hier waren.“
In den Erinnerungen der Soldaten finden sich Gefühle der Allmacht, die wenige Augenblicke später in Ohnmacht umschlagen können. Ein Soldat gab zu Protokoll: „Ich erinnere mich, ich besetzte eine Straßenecke und mein Gewehr zeigte auf dieses kleine Kind. Das machte mir wirklich zu schaffen. Es brach in Tränen aus und rannte davon.“ Doch neben dem Schock, ob dieser anderen Welt, der Angst und dem Stress, zeigen sich in den Aufzeichnungen aus Hebron vor allem Langeweile und das Desinteresse an Fragen der Moral und Verhältnismäßigkeit bei andauernden Acht-Stunden-Schichten, die nach acht Stunden Pause fortgesetzt wurden. Von „Unechten Verhaftungen“ erzählten die Soldaten, Festnahmen zur Einschüchterung und Abschreckung: „Auch um uns zu zeigen, dass die Armee überall eindringen kann, wo sie will. Jeden verhaften kann, den sie will, mitten in der Nacht, ohne irgendeinen ersichtlichen Grund. Es gab keinen Grund.” Illegale Patrouillen in konfiszierten zivilen Fahrzeugen, Plünderungen, körperliche Misshandlungen, Erpressung, all das stellen laut der gesammelten Aussagen von Breaking The Silence keine bloßen Einzelfälle dar. In einer Aussage heißt es: "Es ist wie an einen anderen Ort zu kommen, in ein anderes Land, eine vollkommen andere Galaxie, wo alles erlaubt ist. Alles." So sind es vielmehr Auswüchse des Systems, das von den Soldaten Gehorsam fordert und Übertretungen aus Gründen der militärischen Effektivität ignoriert. Eines Systems, das von der Politik und der Gesellschaft nicht hinterfragt wird.
Ayyal geht weiter, hin und wieder patrouillieren Soldaten in der Nähe von vereinzelten Siedlern, vorbeifahrende klapprige Autos und Busse mit verdunkelten und schusssicheren Scheiben durchbrechen die surreale Stille. Vom Grad der Patriarchen führt die Straße zur Siedlung Avraham Avinu, von dort sind es kaum Hundert Meter zu Beit Romano, einer Schule mit etwa 250 Studenten. Siedlerkinder kommen von der Schule, strafen die Besucher mit ihren Blicken. Sie verstehen nicht, was die ausländischen Besucher wollen, warum sogar eine Beobachtermission, die Temporary International Presence in Hebron (TIPH) eingerichtet wurde, um nach dem Goldstein-Attentat das gespannte Miteinander zu überwachen. Doch die Siedler haben ihr Ziel erreicht. Aus dem Miteinander wurde ein Nebeneinander. Nur noch vereinzelte Häuser sind bewohnt. Auch wenn es ihnen über Umwege erlaubt ist, die Al-Shuhada-Straße zu betreten, traut sich doch kaum ein Palästinenser dorthin. Nahe Beit Hadassah versuchen ein paar Kinder den wenigen Besuchern Postkarten und Wasser aufzudrängen. Einer sagt: „Ich habe hier gewohnt, das war meine Straße.“ Ob das die Wahrheit oder ein verkaufsförderndes Argument ist, bleibt unbeantwortet. Denn nach wenigen Metern bleibt er stehen, weit vom Checkpoint dürfen sie sich nicht entfernen, die Straße ist für sie gesperrt.
Unwissenheit und Ignoranz hilft den Siedlern
„Ich bin nicht wütend auf die Siedler“, sagt Ayyal. „Sie erleben hier die Realität, sie nehmen all das auf sich. Ich bin wütend auf meine Eltern, die vor einem Monat das erste Mal hier waren.“ Das Problem sei, dass man die Siedler all diese Dinge tun lasse. Die Plakate aufhängen mit der Aufschrift: „Vergesst nicht, wer der Feind ist.“ Die Siedlerbewegung hat es geschafft religiöse Motive und Fragen der Sicherheit so zu instrumentalisieren, dass keine Regierung ihre Existenz bisher ernsthaft hinterfragt hat. Einzig bei der Evakuierung des Gaza-Streifens gewannen militärische Überlegungen die Oberhand. Letztlich war es wohl auch eine Frage der öffentlichen Wahrnehmung, da im Gaza-Streifen der Widerstand militärischer organisiert, die Auseinandersetzung intensiver geführt wird. Mitbegründer Shaul unterstützt diese Deutung: „Die Frage ist nicht, ob es legal oder illegal ist, was wir tun, sondern ob die israelische Gesellschaft es wissen will", sagt er. Die Institution "Armee" ist trotzdem ein großer Teil der Verdrängung, ihre Verschleierungstaktik hilft der Gesellschaft die Besatzung zu ignorieren.
Die Siedler wissen all das und die gesetzliche Grundlage der Besatzung für sich zu nutzen. So pflegen sie zum Beispiel gute Verbindungen mit der örtlichen Polizei, welche das israelische Gesetz an ihnen durchsetzen soll. Doch kommt es zur Gewalt, lässt die Polizei, den Soldaten zufolge, lange auf sich warten. Die Armee darf aber keine israelischen Staatsbürger anrühren, so bleiben willkürliche Gewaltakte trotz flächendeckender Videoüberwachung (die Aufzeichnungen werden der Polizei seitens der Armee in vielen Fällen nicht zur Verfügung gestellt) zum Großteil ungesühnt. Im Zweifel schicken die Bewohner ihre Kinder, die können als Minderjährige ohnehin nicht belangt werden.
Die Kinder der Siedler werden von ihren Eltern massiv missbraucht und sind trotz ihrer Jugend Teil des Konflikts in Hebron
Es ist ein schleichender Prozess, mit dem die Siedler ihre Siege verbuchen konnten. Politischer Stillstand und öffentliches Desinteresse spielten ihnen dabei in die Hände. Auch als Angehörige der ehemaligen vertriebenen Gemeinde den Siedlern in einem Brief von 1996 vorwarfen, sich illegalen Besitz angeeignet zu haben und den Friedensprozess damit zum Scheitern bringen würden, erhoben sich keine Fragen. Denn mit der Diskussion über das Recht oder das Unrecht, welche die Siedlungen in Hebron darstellen, stellt sich die grundlegende Frage: Welches Recht der Rückkehr haben die Menschen in den Palästinensischen Gebieten und Israel? Welche historischen Ansprüche sollen Opfer von Gewalt und Vertreibung geltend machen können? Die Antworten hierauf würden dem Friedensprozess einen Rahmen verleihen. Sie würden aufdecken, welche Notwendigkeit die Besatzung für Israel darstellt, ob sie das einzige Mittel zur Sicherung der eigenen Existenz ist.
Für die Soldaten im Einsatz stellen sich diese Fragen nicht. Keiner ihrer Vorgesetzten will diese Fragen hören, keiner ihrer Kameraden. Auch nicht sie selbst. Da sind sie wieder, die Gründe fernab von Politik, von Ausgleich, von Anerkennung der Ansprüche der Palästinenser. Ein Soldat fasste es so zusammen: „Das ist es, was ich meine, wenn ich sage, dass ich Angst habe, was mit uns passieren würde, wenn wir hier geblieben wären. Weil dieses Gefühl nicht in der Lage zu sein mich damit zu konfrontieren und der Person, die mir in dieser Welt am nächsten ist, ihr nicht erzählen zu können, was ich getan habe, das ist für mich das Schlimmste.“
Religiöse Stätten stehen unter dem Schutz des Militärs. Neben dem Grab der Patriarchen erachten die Siedler insgesamt elf Orte als religiös bedeutend.
Das Besatzungsregime funktioniert heute so geräuschlos, wie noch nie. Übergriffe auf Siedler gibt es so gut wie keine mehr, palästinensischer Protest flackert nur vereinzelt auf und wird sofort, auch in stiller Zusammenarbeit mit den palästinensischen Sicherheitskräften der Fatah-Regierung, unterbunden. Im November ließ die Regierung verlautbaren, die Zahl der Terrorverdächtigen in großen Teilen des Westjordanlands sei auf Null gesunken.
Die Siedler zeigen gerne auf Kritiker und ausländische Medien mit dem Finger und werfen ihnen Einseitigkeit vor. Verweisen darauf, dass sie den arabischen Teil der Stadt eigentlich auch nicht betreten dürfen, reklamieren die gleichen Bürden für sich, wie die Palästinenser. Über die Rechtmäßigkeit von Bautätigkeiten in annektierten Gebieten und über archäologischen Stätten, über die Verhältnismäßigkeit von Sicherheitsmaßnahmen und die fortdauernde Gewalt ihrerseits, legen sie keine Rechenschaft ab. Hebron ist es wert, davon sind sie überzeugt, Hebron als integraler Bestandteil Israels. Ein Soldat, der dort Dienst tat drückte es etwas anders aus: „Du bist in Hebron, Du bist innerhalb des Chaos. Es ist eine Welt, komplett anders, als alles was Du kennst.“
Die Siedler zeigen gerne auf Kritiker und ausländische Medien mit dem Finger und werfen ihnen Einseitigkeit vor. Verweisen darauf, dass sie den arabischen Teil der Stadt eigentlich auch nicht betreten dürfen, reklamieren die gleichen Bürden für sich, wie die Palästinenser. Über die Rechtmäßigkeit von Bautätigkeiten in annektierten Gebieten und über archäologischen Stätten, über die Verhältnismäßigkeit von Sicherheitsmaßnahmen und die fortdauernde Gewalt ihrerseits, legen sie keine Rechenschaft ab. Hebron ist es wert, davon sind sie überzeugt, Hebron als integraler Bestandteil Israels. Ein Soldat, der dort Dienst tat drückte es etwas anders aus: „Du bist in Hebron, Du bist innerhalb des Chaos. Es ist eine Welt, komplett anders, als alles was Du kennst.“
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