Montag, 12. April 2010

Abschaltung des einzigen Kraftwerks im Gaza-Streifen verschlechtert Lebensbedingungen weiter

 
Nach den wochenlangen Unruhen im Westjordanland und im Gaza-Streifen, ist es ruhiger geworden in der Region. Doch für die Bevölkerung bedeutet diese Ruhe nur eine gewisse Sicherheit. Ihr Alltag wird dadurch nicht leichter, die Perspektiven nicht besser. Seit dem Wochenende ist nun auch das einzige Kraftwerk im Gaza-Streifen abgeschaltet worden, da kein Treibstoff mehr für den Betrieb vorhanden ist. Die Regelung des Kraftwerksbetriebs ist kompliziert. Letzlich fehlt es an Geld, bzw. an dessen Bereitstellung. Die Betreiber werfen Israel vor, nicht genügend Treibstoff in das abgeriegelte Küstengebiet zu lassen, doch in diesem Fall sind die Vorwürfe falsch. Die EU überweist der Fatah-dominierten Regierung in Ramallah zwei Drittel des Budgets, den Rest sollen die Menschen im Hamas-kontrollierten Gaza-Streifen aufbringen. Einen kleinen Teil trägt zudem Ägypten bei. Doch der Palestinian Centre For Human Rights" (PCHR) schreibt:
The operation of Gaza Power Production Plant was totally stopped yesterday, Saturday, 10 April 2010. Engineer Cana’an ‘Obeid, Vice President of the Power Authority in Gaza, announced that the operation of the four turbines in the Plant was totally stopped due to the lack of industrial fuel. ‘Obeid added that the new crisis increased electrical shortage to 50% because the government in Ramallah stopped transferring payments for the bill of the industrial fuel required to operate the Plant. However, Dr. Ghassan al-Khatib, spokesman of the government in Ramallah, announced that Gaza Electricity Distribution Company (GEDCO) does not pay its share of the cost of the fuel required to operate Gaza Power Production Plant. Al-Khatib added that the government in Ramallah has been committed to paying two-thirds of the required industrial fuel since last November, and that he expected that GEDCO would transfer the values of bills it collects to contribute to the cost of the industrial fuel. Al-Khatib further noted that GEDCO collects limited amounts from power consumers because of the weak support provided to GEDCO by official bodies in Gaza.
Clemens Verenkotte von der ARD schreibt zur Situation der Menschen:
Die palästinensische Autonomiebehörde hat im Gazastreifen fast nichts mehr zu sagen. Aber von der Hamas, die den Gazastreifen seit bald drei Jahren beherrscht, verlangt sie, bei der Bevölkerung die Stromgebühren einzuziehen und die Gelder in das Westjordanland zu transferieren. Doch dies geschieht nicht. Die Leidtragenden dieser Situation, wie Amani Murat, haben für diesen Strom-Machtkampf zwischen Hamas und Fatah kein Verständnis. Die freundlich dreinschauende Mitvierzigjährige Palästinenserin wartet in einer Zahnarztpraxis auf ihren Termin. "Mir ist das persönlich passiert: Ich musste wegen einer Wurzelbehandlung zu einem anderen Zahnarzt im Norden. Mein Zahn hat mir weh getan. Ich bin also zum Zahnarzt gegangen, um die Wurzel behandeln zu lassen. Als ich ankam, habe ich festgestellt, dass der Strom ausgefallen ist", erzählt sie. "Vor Schmerzen konnte ich es kaum aushalten, ich musste nun einen Zahnarzt finden, bei dem es noch Strom gab, damit er mein Leiden beenden konnte."
 
Seitdem die EU nicht mehr für den Strom in Gaza unmittelbar aufkommt, dröhnen in abgeriegelten Küstenstreifen nahezu Tag und Nacht die Billig-Generatoren aus chinesischer Produktion, die durch die Tunnel angeliefert werden und höchst unverlässig sind.   
Es ist davon auszugehen, dass ein Teil des Geldes immer wieder in korrupten Regierungskanälen versickert. Die Korruption gibt der Hamas weiter Auftrieb, da das Vertrauen in die Fatah-Verantwortlichen aufgrund von Veruntreuung und willkürlicher Gewalt immer weiter sinkt. Seit gestern bahnt sich eine Lösung der Krise an, ein Vertreter sagte, ein Betrag von drei Millionen Dollar sei genehmigt worden und soll so schnell wie möglich überwiesen werden. Trotz allem wird dies nur zur Folge haben, dass die Menschen mit acht Stunden Strom am Tag rechnen können. Mehrere kürzere Unterbrechungen und ein langer Lieferstopp von 12 Stunden werden dadurch nicht berührt. Einen allgemeinen Eindruck von den Lebensbedingungen im Gaza-Streifen vermittelt diese kurze Reportage vom November 2008:


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