Die ganze Welt beobachtet in diesen Tagen die Groß-Offensive in Afghanistan, nimmt den Waffenstillstand im Jemen schon wieder etwas gelangweilt zur Kenntnis und blickt auf die USA mit ihren Bemühungen in den von der andauernden Gewalt mürben Irak und Pakistan. Afrikas Krisenherde wie Somalia und der Sudan, aber auch Nigeria erscheinen als bloße Randnotiz.
Doch gibt es kaum einen Konflikt, der erfolgreicher verdrängt wird, als der Drogenkrieg in Mexiko. Mehr Opfer als in Afghanistan und im Irak, eine steigende Militarisierung ganzer Landstriche und noch schlechtere Erfolgsaussichten als in manchen "failed states" die Gewalt zu beenden, zeichnen die Situation des südlichen Nachbars der USA aus. So gilt die Stadt Ciodad Juarez als eine der gefährlichsten Städte der Welt.
Hin und wieder schaffen es Reportagen über das tägliche Blutvergießen in die großen überregionalen Medien. In der SZ vom 15.02. beginnt der Bericht so:
Die ZEIT legte Anfang Februar den Fokus auf die Gewalt seitens der Armee, die mit etwa 45.000 Soldaten den Drogenbanden Einhalt gebieten soll:Um sieben Uhr morgens wurden die drei Köpfe vors Restaurant geworfen, in Palmillas war gerade die Sonne aufgegangen. "Das passiert mit Verrätern", stand auf Zetteln neben den Köpfen. Die Täter hatte natürlich niemand gesehen. In den folgenden Stunden wurden allein in dieser Gegend 15 weitere Menschen ermordet.
In Guerrero fand man vier Leichen, eine von ihnen enthauptet. In Reynosa starben bei einer Schießerei drei Soldaten und drei Söldner, ein Handyvideo davon lief sogleich auf YouTube. Und in Michoacán gab es vier Tote durch Schusswaffen. Ein ganz normaler Tag in Mexikos Drogenkrieg.
2009 zählte die Zeitung "El Universal" in dem Land 7724 solche Morde. Im Januar 2010 waren es fast tausend. Rechnet man das hoch, könnte es dieses Jahr mehr als 10.000 Opfer geben. Seit dem Amtsantritt von Präsident Felipe Calderón 2006 hat die Schlacht um Kokain, Marihuana, Heroin und Pillen bereits 17.000 Leben gekostet.
Die lokale Regierung reagiert auf die Forderungen der Indios genauso, wie es bereits die Spanier bei der Eroberung Guerreros vor fast 500 Jahren taten. Sie schickt die Armee. Die Soldaten verwüsten die Felder der als aufmüpfig geltenden Bauerndörfer um Ayutla, vergewaltigen Frauen, durchsuchen widerrechtlich Häuser, drohen und prügeln. Das "Zentrum Tlachinollan", eine in Guerrero aktive Menschenrechtsgruppe, hat 109 Fälle von schweren Menschenrechtsverletzungen akribisch dokumentiert.
Rechtsanwalt Rogelio Teliz, der sich um [den vermutlich unschuldigen Häftling] Hernández kümmert, bezeichnet den militärischen Antidrogenkampf in Mexiko als "Vorwand für mehr Repression". Und die bleibt straffrei. Denn für Verbrechen von Soldaten ist in Mexiko die Militärjustiz zuständig. Sie spricht die Angeklagten in der Regel frei.
Zu dem Krieg, der in Mexiko tobt eine aktuelle Reportage von der BBC vom 07.02.2010:
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