Donnerstag, 9. November 2017

Kampfflugzeug F-35: Neues Millionengrab in Sichtweite

Der SPIEGEL berichtete gestern über die mögliche Modernisierung der deutschen Luftwaffe. Dabei zitierte er den Luftwaffenchaf Karl Müllner, der gegenüber Reuters sagte: "Aus militärischen Gesichtspunkten brauchen wir eine geringe Radarsignatur und die Fähigkeit, aus großer Distanz Ziele zu erkennen und zu bekämpfen."

Solche Fähigkeiten "eines Kampfjets der fünften Generation seien für eine glaubhafte Abschreckung im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung unerlässlich." Nur das Kampfflugzeug "F-35" von Lockheed Martin erfülle diese Anforderungen, so der Artikel weiter. Thomas Wiegold vom Fachblog "Augen geradeaus" weist auf noch stärkere Signale hin, die auf den Wunsch der Bundeswehr hindeuten:


Die Verantwortlichen sehen im F-35 eine Investition in die Zukunft. Defensiv - und (sehr) offensiv:



Doch das Video kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Tarnkappen-Mehrzweckkampfflugzeug große Probleme hat. Der Stückpreis der mit Abstand gefragtesten A-Variante soll sich langfristig auf etwa 90 Millionen US-Dollar pro Maschine belaufen. Zum Vergleich: Ein Tornado kostete etwa 55 Millionen D-Mark, ein Eurofighter insgesamt etwa 130 Millionen Euro pro Stück, immer wieder kam es dort zu Preissteigerungen. Der F-35 scheint also ein attraktives Angebot zu sein. Bis man diese Schlagzeilen und Meldungen betrachtet:

27. Oktober 2017: Reports of hypoxia, cyber security concerns, and the need for cost review, followed the leak of highly critical review

April 2017: DOD Needs to Complete Developmental Testing Before Making Significant New Investments 

17. Januar 2017: The F-35 Amazingly Has Even More Problems Than We Thought

27. April 2016: John McCain: F-35 is 'a scandal and a tragedy'

Die Liste ließe sich tatsächlich nahezu beliebig fortsetzen. Am 12. Juni 2017 wurde eine Flotte von F-35A auf unbestimmte Zeit stillgelegt, da Probleme mit der Sauerstoffversorgung auftraten. Die anderen F-35A setzten ihren Betrieb planmäßig fort.

Es ist also offensichtlich, dass der Kauf von F-35 Flugzeugen mit großen Risiken verbunden ist. Die Kosten haben sich im Lauf der Entwicklung und des Baus mehr als verdoppelt, von ursprünglich zugesagten etwa 1.000 Flugzeugen wurden nur knapp 250 ausgeliefert. Insgesamt hat das ganze JSF F-35 Programm mehr als eine Billionen US-Dollar gekostet. Viele Flugzeuge wurden als "kampfbereit" klassifiziert und wenige Wochen danach wieder aus dem Verkehr gezogen.

Das alles erinnert frappierend an bisherige Probleme bei der Luftwaffe hierzulande. Verzögerungen, Lieferprobleme und wiederholte Überprüfungen kosten im Fall des F-35 Milliarden - pro Jahr. Pro Stück werden sich die Kosten - nicht nur für die Anschaffung - um etwa 25 Prozent pro Flugzeug erhöhen:


Statt 60 bis 90 Tage dauern Reparaturen etwa 170 Tage. Ein entscheidender Punkt, der militärisch der Wichtigste ist, ist die Frage der Kampfbereitschaft. Auch hier zeigen sich starke Abweichungen von den Zusagen des Herstellers:

Quelle beider Grafiken: GAO 2017
Der mittlere Balken ist dabei der Interessante. Der Unterschied zwischen Realität und Wunsch der US-Marines könnte nicht größer sein.

Der F-35 bringt also, wie so viele Rüstungsprojekte in dieser Größenordnung, massive Probleme mit sich. Deren sollte man sich bewusst sein und nicht argumentieren, dass man ein vollständig entwickeltes und erprobtes Flugzeug - quasi ohne Risiko - für sein Geld bekommt. Im Gegenteil. Man läuft Gefahr das eigentliche Ziel zu verfehlen.

Neben der Frage, inwiefern ein vor allem offensiv starkes Flugzeug, der Verteidigung der NATO-Staaten dient, ist das Vorpreschen militärischer Akteure problematisch. In der politischen und öffentlichen Debatte werden so Eckpfeiler eingezogen und eine Alternativlosigkeit suggeriert, die am Ende Milliarden kosten können. Ganz zu schweigen von der eigentlichen Zielerfüllung.

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