Die ZEIT hat ein interessantes neues Buch des israelischen Historikers Yuval Noah Harari rezensiert, das sich mit den grundsätzlichen Fragen unseres Zusammenlebens in der modernen Welt beschäftigt. In "Homo Deus" entwirft Harari eine düstere Vision des Technologiezeitalters. Dabei kommt er auch darauf zu sprechen, unter welchen Rahmenbedingungen wir eigentlich zusammenleben. Oder vielmehr: Was hält uns zusammen? Welche stillschweigende Übereinkunft garantiert, dass bestimmte Normen und Werte als allgemeingültig anerkannt werden? Im Artikel heißt es:
Das heißt also, dass die Komplexität es gar nicht mehr zulässt, dass man sich auf so etwas wie einen Gesellschaftsvertrag einigt (auch wenn diese Einigung schon immer eine Abstrakte war). Man kennt dessen Inhalt nicht mehr, oder will ihn nicht kennen, weil man ihn nicht versteht. Dabei geht es auch darum, was denn die Werte und Normen des Gesellschaftsvertrages sein sollen.
Dort führt Rawls einen "Schleier des Nichtwissens (veil of ignorance)" ein, der den Zustand der Menschen in einer fiktiven Entscheidungssituation bezeichnet, in dem sie zwar über die zukünftige Gesellschaftsordnung entscheiden können, aber selbst nicht wissen, an welcher Stelle dieser Ordnung sie sich später befinden werden. Schlicht heißt das: Werde ich zu den Gewinnern oder zu den Verlieren zählen? Setze ich darauf ein Gewinner zu sein?
Rawls geht dabei von einer Gleichheit aus, die zum Beispiel geistige, physische und soziale Eigenschaften wie Hautfarbe, Rasse, Geschlecht, Religionszugehörigkeit, Stellung innerhalb der Gesellschaft, sozialer Status und vieles mehr einschließt. Aber auch was Fragen der Vorstellung vom Guten angeht. Long story short, aus dieser abstrakten Gleichheit folgt für Rawls die Unparteilichkeit der Menschen und folgen Prinzipien einer Gerechtigkeitstheorie, die den Nutzen nicht einfach maximiert, sondern danach fragt, wer am meisten profitieren sollte, um Ungleichgewichte zu vermeiden oder abzumildern.
Bezieht man diesen Schleier des Nichtwissens auf die Befürchtungen Hararis, dann würde man danach fragen: Welche Gesellschaftsordnung würde hinsichtlich der Verständlichkeit und der Nachvollziehbarkeit entstehen?
Man könnte argumentieren, dass Algorithmen und Technologien nach dem Wunsch aller dort Grenzen gesetzt werden sollen, wo sie die menschliche Auffassungsgabe und die Möglichkeit der menschlichen Kontrolle überschreiten. Angesichts des heutigen Fortschritts muss dies bereits jetzt als naiv gelten. Als normative Handlungsanleitung zur Gestaltung einer Gesellschaftsordnung, die von Menschen für Menschen gemacht wird, hat sie aber eine dringliche und hochaktuelle Existenzberechtigung.
Für Harari ist es dafür schon zu spät, doch schlimmer kann es natürlich auch noch kommen:
Harari erzählt die Geschichte der Menschheit als eine Geschichte des zunehmenden Kontrollgewinns. Hunger, Dürren, Naturkatastrophen – globale Risiken seien heute beherrschbar geworden. Die Moderne sei wie eine "extrem komplizierte Übereinkunft", bei der kaum jemand versteht, was er eigentlich unterschrieben habe. "Es ist ein bisschen so, wie wenn man eine Software herunterlädt und gebeten wird, einen beigefügten Lizenzvertrag zu unterzeichnen, der aus Dutzenden von Seiten in schönstem Juristendeutsch besteht; man wirft einen kurzen Blick darauf, scrollt dann bis ans Ende des Dokuments, macht ein Häkchen bei "ich stimme zu" und hat das Ganze schon gleich wieder vergessen."
Das heißt also, dass die Komplexität es gar nicht mehr zulässt, dass man sich auf so etwas wie einen Gesellschaftsvertrag einigt (auch wenn diese Einigung schon immer eine Abstrakte war). Man kennt dessen Inhalt nicht mehr, oder will ihn nicht kennen, weil man ihn nicht versteht. Dabei geht es auch darum, was denn die Werte und Normen des Gesellschaftsvertrages sein sollen.
Dinge wie Gerechtigkeit und Fairness sind schwer zu greifen, aber faktisch sehr unzureichend verwirklicht in unserer heutigen Welt. Bei den Ausführungen Hararis muss man dabei unwillkürlich an John Rawls und seine Gerechtigkeitstheorie denken.
Dort führt Rawls einen "Schleier des Nichtwissens (veil of ignorance)" ein, der den Zustand der Menschen in einer fiktiven Entscheidungssituation bezeichnet, in dem sie zwar über die zukünftige Gesellschaftsordnung entscheiden können, aber selbst nicht wissen, an welcher Stelle dieser Ordnung sie sich später befinden werden. Schlicht heißt das: Werde ich zu den Gewinnern oder zu den Verlieren zählen? Setze ich darauf ein Gewinner zu sein?
Rawls geht dabei von einer Gleichheit aus, die zum Beispiel geistige, physische und soziale Eigenschaften wie Hautfarbe, Rasse, Geschlecht, Religionszugehörigkeit, Stellung innerhalb der Gesellschaft, sozialer Status und vieles mehr einschließt. Aber auch was Fragen der Vorstellung vom Guten angeht. Long story short, aus dieser abstrakten Gleichheit folgt für Rawls die Unparteilichkeit der Menschen und folgen Prinzipien einer Gerechtigkeitstheorie, die den Nutzen nicht einfach maximiert, sondern danach fragt, wer am meisten profitieren sollte, um Ungleichgewichte zu vermeiden oder abzumildern.
Bezieht man diesen Schleier des Nichtwissens auf die Befürchtungen Hararis, dann würde man danach fragen: Welche Gesellschaftsordnung würde hinsichtlich der Verständlichkeit und der Nachvollziehbarkeit entstehen?
Man könnte argumentieren, dass Algorithmen und Technologien nach dem Wunsch aller dort Grenzen gesetzt werden sollen, wo sie die menschliche Auffassungsgabe und die Möglichkeit der menschlichen Kontrolle überschreiten. Angesichts des heutigen Fortschritts muss dies bereits jetzt als naiv gelten. Als normative Handlungsanleitung zur Gestaltung einer Gesellschaftsordnung, die von Menschen für Menschen gemacht wird, hat sie aber eine dringliche und hochaktuelle Existenzberechtigung.
Für Harari ist es dafür schon zu spät, doch schlimmer kann es natürlich auch noch kommen:
Man kann sich wie Harari schon fragen, ob es in der Digitalmoderne oder dem Dataismus auch eine Übereinkunft zwischen Mensch und Maschine gibt oder ob wir nicht schon einen Unterwerfungsvertrag unterzeichnet haben, mit dem wir jegliche Mitbestimmungsrechte abgetreten haben. Die Teilnahme am Computernetzwerk wird zum Zwang. Am Ende könnte ein Punkt erreicht sein, an dem es unmöglich werde, sich vom Netzwerk abzukoppeln und ein neues Prekariat, die "Klasse der Nutzlosen" entstehe, die von der Technik abgehängt sind, schreibt der Historiker.Das Kleingedruckte zu lesen ist also wichtiger denn je und von der eigenen Person zu abstrahieren und zu fragen: "Wie sollte die Welt aussehen, damit alle Menschen nach "ihrem Glück" streben können?" wird immer dringlicher.
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