Sonntag, 1. September 2013

Kommentar: Korrespondenten gone wild

"Erfahrene Korrespondenten", so lobte Claus Kleber im heute journal die Teilnehmer seiner Schaltung vom Freitag. Um Syrien geht es, was sonst. Dort verzögert sich offenbar eine sog. Strafaktion, auch wegen dem öffentlichen Druck in den USA, Großbritannien und vielleicht auch zu einem geringen Teil in Deutschland. 

Aber genau so, wie in den vergangenen Tagen an dieser Stelle ein Kommentar der ZEIT kritisiert wurde, so ist auch der Inhalt des ZDF-Korrespondentengesprächs Hinweis für eine mangelnde kritische Auseiandersetzung seitens deutscher Medien mit einem möglichen militärischen Vorgehen gegen das syrische Regime.

Ulf Röller in Washington D.C. sagt bezüglich des Zeitpunktes eines Angriffs, dass Barack Obama unbedingt vor dem G20-Gipfel gehandelt haben will: 
"Bis dahin will er mit dem Militärschlag fertig sein, er will nicht mit dem Militärschlag quasi zu den anderen Weltenlenkern reisen". 

Zwar spricht er in dem Zusammenhang von dem Kalkül der Politiker, doch bei dieser widersinnigen Argumentation könnte auch ein objektiver Journalist einen erklärenden bzw. kritischen Nachsatz einschieben. Nämlich, dass der G20-Gipfel wahrscheinlich der beste Ort ist, um über die Konsequenzen des Giftgaseinsatzes zu entscheiden, wenn es die Vereinten Nationen offensichtlich nicht mehr sind. Oder, dass es einen unrühmlichen Symbolcharakter hat VOR einer politischen Versammlung der internationalen Staatengemeinschaft gehandelt haben zu wollen.

Dietmar Ossenberg in Beirut gibt sich weniger zurückhaltend bei seinen Einschätzungen. Er kommt zu dem Schluss: 
"Die Folgen sind begrenzbar. Wenn sie große Vergeltung üben, ist das Regime am Ende, wenn hier im Libanon die Hizbollah Vergeltung für diesen Militärschlag in Israel üben sollte, dann sind auch sie am Ende."

Nun trifft es sicherlich zu, dass die beiden Akteure sich ihre Reaktionen genau überlegen werden und müssen, da offensive Maßnahmen, besonders, falls sich diese auf Israel beziehen, massive Vergeltung zur Folge haben werden. Doch die Rhetorik von Ossenberg suggeriert, dass eben mit militärischen Mitteln alles so einfach zu lösen sei. Mucken die zwei Genannten auf, dann sind sie eben am Ende. 

Genau solche Einschätzungen wurden zu Afghanistan, Irak und auch schon zu Syrien verbreitet. Wenn man ernst mache, dann sind die "Bösen" am Ende. Doch weder sind die "Bösen" immer so leicht zu identifizieren, noch lassen die sich einfach auslöschen. Die asymmetrischen andauernden Kriege der vergangenen Jahre belegen das Gegenteil und sind gerade eine Warnung für den uneingeschränkten Glauben an militärische Stärke. Das sollten auch die "erfahrenen Korrespondenten" des ZDF den Zuschauern deutlich machen.

Nun dienen die Schaltungen zu den Korrespondenten der Information und nicht dem Kommentar. Im Falle Röllers mag man dies noch zugestehen. Doch die Worte Ossenbergs spiegeln einfach nur eine Fehleinschätzung wider, die sich direkt aus seiner mangelnden Reflexion ergeben. Ständige Berichterstattung von Krisen desillusionieren zugegebenermaßen. Aber gerade das sollte doch die Gier nach ziviler und politischer Konfliktbearbeitung wecken, anstatt weiterhin relativ blind Demonstrationen von militärischer Stäke zu trauen, egal von welcher Seite sie kommen.

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