Montag, 2. November 2009

Nordkaukasus: Mehr als 150 Menschen Opfer von Kämpfen in den vergangenen sechs Monaten

Freiheitskämpfer, Rebellen, Terroristen. Die Bezeichnungen sind vielfältig für die militanten Kämpfer in den Kaukasus-Teilregionen Inguschetien, Dagestan und Tschetschenien. Fakt ist, dass die Armee und die Polizei äußerst brutal gegen sie vorgehen und damit eine Spirale der Gewalt mit in Gang gesetzt haben. So hat sich die Zahl der Anschläge, der getöteten Kämpfer und der getöteten Regierungsangehörigen im Jahr 2009 gegenüber dem Vorjahr deutlich erhöht.



Allein in den vergangenen Wochen wurden mehr als 60 Menschen getötet. So wurde beispielsweise heute ein Imam einer Moschee in Dagestan getötet, bei einem Spezialeinsatz der Polizei starben drei Menschen.  Opfer beider Seiten sind aber auch Zivilisten, die den Kämpfen in Dörfern und Städten nicht entkommen können. Außerdem gedeiht auf diesem Untergrund das organisierte Verbrechen besonders gut... Eine allgemeine Beschreibung der Lage:
Seit Monaten, eigentlich schon seit Jahren erschüttern den Nordkaukasus mit seinen vielen kleinen Völkern bürgerkriegsähnliche Auseinandersetzungen. In diesem südlichen Grenzgebiet Russlands zum erdöl- und erdgasreichen Azerbajdshan, zu Georgien und Armenien, deren Territorium wiederum für den Energie-Transit aus Zentralasien und dem kaspischen Raum in Richtung Europa interessant ist, schwelt ein mehrschichtiger Konflikt, der seit dem offiziellen Ende des zweiten Tschetschenien-Krieges vor gut einem halben Jahrzehnt von der Welt außerhalb Russlands kaum wahrgenommen wird.
Und ein Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe konstatiert:
Obschon zwischen den hier erwähnten kaukasischen Republiken erhebliche Unterschiede bestehen, ist die massive Zunahme von Menschenrechtsverletzungen durch die regionalen und föderalen Sicherheitskräfte ein gemeinsames Merkmal. Statt die Konflikte zu entschärfen, scheint diese Praxis im Gegenteil die Gewalt zusätzlich anzuheizen.
Noch deutlicher wird der Zusammenhang zwischen islamischen Fundamentalismus und dem massiven Vorgehen von Armee und Polizei in einem aktuellen Bericht der NZZ:
Unzufriedenheit mit der Staatsmacht und sozioökonomische Probleme sind nicht die einzigen Ursachen für die Attraktivität der religiösen Fundamentalisten im Nordkaukasus. Die Rückkehr zu den Quellen des Islam ziehe junge Leute an, sagt Michail Roschtschin. Diese lehnten den mystischen, sufistischen Islam ab, der den Nordkaukasus prägt und im Unterschied zum 19. Jahrhundert friedliche Ziele verfolgt, und liessen sich von dem Versprechen der «reinen Lehre» der Salafisten (oder Wahhabiten) überzeugen. Ihr Orientierungspunkt ist die arabische Welt. Ein Bekenntnis zum bewaffneten Widerstand sei das zunächst nicht. In den nordkaukasischen Republiken sind Prediger aktiv, die die ideologischen Grundlagen des Salafismus verbreiten. Der Griff zur Kalaschnikow sei damit noch nicht vorgegeben, meint Roschtschin. Der inguschetische Menschenrechtsaktivist Magomed Muzolgow in Nasran hält den islamischen Fundamentalismus im Nordkaukasus per se nicht für etwas Gefährliches. Die Gefahr sieht er in dessen Kriminalisierung durch die Behörden.
Inguschetien ist nur ein Beispiel für den Brandherd im Nordkaukasus:


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