Freitag, 22. September 2017

Alternative Medien: Unterhaltung statt Information

"It looks as if Germany - which is associated with boringly sensible politics - is beginning to develop the same kind of anti-establishment online eco-system that helped bring about an astonishing political outcome in the US."

Auch fremdsprachige Medien beschäftigen sich im Vorfeld der Bundestagswahlen eingehender mit deutscher Politik. Unter anderem ein interessanter Artikel des The Bureau of Investigative Journalism, das sich mit "alternativen Medien" und deren Einflussmöglichkeiten auseinandersetzt. Von Breitbart-Zuständen (83 Millionen Besuche im August) sei man auf deutschen Seiten noch weit entfernt (PI-News hat ca. 5 Millionen), aber gerade bei der Themenauswahl seien eindeutige Parallelen zu erkennen. So kommen auch ausländische Beobachter zum Schluss, dass in Deutschland Rechtsaußen ein eigenständiges "selbstreferenzielles Ökosystem" entstanden ist, das weiter wächst. 

Nafri - Teil der deutschen Umgangssprache

Der Artikel macht auch deutlich, dass sich durch das laute und offensive Gebaren der ja doch angeblich von der political correctness eingesperrten und stets vom Sprechverbot bedrohten Menschen, das Bild auf den Deutschland wandelt. So heißt es über einen Beitrag auf einer deutschen Seite: ""39 year old woman brutally raped on the way to work by a Nafri", the latter being German slang for a North African." So ist der "Nafri" durch den häufigen und selbstverständlichen Gebrauch für Journalisten schon zum German slang, also zur Umgangssprache, geworden, dabei bleibt es einfach nur ein (böswillig) falsch gebrauchter, irreführender und rassistischer Ausdruck. 

Auch international rückt man am reaktionären Rand zusammen. So erzählt der Gründer von "Pro Deutschland", Manfred Rouhs, er habe eine Menge von einem britischen Kommunikationsberater gelernt. Darunter auch: "If we’re not more credible than the mainstream media we will still be consumed, but more as entertainment." Eine Tendenz, von der sich wohl niemand ganz freimachen kann, die jedoch bedenkliche Schlüsse nahe legt. Denn wer trotz besserem Wissens Falschmeldungen über marodierende Flüchtlingshorden, mit Missionierungseifer beseelte und/oder Sprenggürtel versehende Muslimfluten oder fremdgesteuerte Geschäftsführer der BRD-GmbH konsumieren mag, der hat sich in seinem isolationistischen Weltbild ganz behaglich eingerichtet. 

"Deep distrust of the government" 

Als zutiefst misstrauisch gegenüber der Regierung, so werden die Menschen, die "alternative Nachrichten" konsumieren, beschrieben. Dem nachzugehen, aber nicht nachzugeben (angesichts der Tatsache, dass zu viele Menschen, die weder sozial abgehängt sind, noch am Rand der Gesellschaft stehen oder persönlich betroffen von den mit Leidenschaft vertretenen Themen sind, solche Ansichten vertreten), dies ernst zu nehmen, ohne es sich zu eigen zu machen, daraus relevante Forderungen an die Politik abzuleiten, ohne die Agenda durch laute Minderheiten bestimmen zu lassen - das wird offenbar die künftige Herausforderung für Politik und Gesellschaft sein.

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