Donnerstag, 11. August 2016

Terror und Gefühle: Wider den Angstmachern

7 von 10 Deutschen befürchten laut einer aktuellen Umfrage Terroristen unter "den" Flüchtlingen. 4 von 10 wären für eine Grenzschließung. Die Umfrage wurden dabei noch vor den Anschlägen von Nizza, Würzburg und Ansbach durchgeführt.

Traurig genug. Wobei bei der ersten Zahl zu fragen ist, wie genau die Frage lautete. Denn, dass unter Hunderttausenden Menschen auch EIN Terrorist dabei sein könnte, oder sich aufgrund der Fluchtbewegungen das Risiko von einem Terroranschlag getötet zu werden (welches in Europa zahlenmäßig auf einem Level liegt wie an einer Pilzvergiftung dahinzuscheiden) um 0,001 Prozent erhöht - ja könnte sein. Was bedeutet dann aber solch eine Antwort noch?

Quelle: IPSOS

Die größte Furcht vor als Flüchtlinge getarnte Terroristen haben im internationalen Vergleich mit 83 Prozent die Menschen in der Türkei. Auch in Russland und Ungarn ist diese Befürchtung groß (77% und 72%). In Europa kennt man lediglich in Spanien solche Ängste kaum. Gerade einmal jeder sechste Spanier befürchtet Terroristen unter den Flüchtlingen (16%).

Es ist eine Absage an die Willkommenskultur. In dem Zusammenhang ist zu bemerken, dass die abstrakten Ängste, die durch Terrorismsmus nahezu in Perfektion bedient werden, von der Politik immer ernster genommen werden (wollen). Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft, Einschränkung der ärztlichen Schweigepflicht - keine Idee, die im Zusammenhang der Terrorbekämpfung nicht geäußert würde. Auch wenn sie keinen Effekt hat (den man ja schon deshalb nicht messen kann, weil die Bedrohung an sich kaum seriös zu beziffern ist).

Die Bevölkerung ist also besorgt oder hat Angst. Es ist in Ordnung das als Politik erstmal zur Kenntnis und in bestimmer Form auch ernst zu nehmen. Vor allem indem die Politik sich und andere fragt: "Woher kommt das?" Anstatt die Wahrheit hinunterzuschlucken und so zu tun, als seien die Sorgen und Ängste völlig berechtigt und scheinabre Lösungen zu präsentieren. Es ist ein Muster, das z.B. bei Vertretern der Republikaner in den USA immer verbreiteter wird (ab Minute 6:13 oder hier klicken):  


"Die Zahlen sind gesunken?
Egal, die Bevölkerung denkt, sie seien gestiegen.
Sie sind wirklich gesunken?
Solange ich Zustimmung erlange, in dem ich auch sage, dass sie steigen, so what. Ich nehme die Menschen eben ernst."


Politische Rhetorik und Maßnahmen ausgerichtet nach "Gefühlen", die durch Fakten widerlegt werden. Gefährlich. Denn dies ist etwas völlig anderes als "genau zuzuhören" und "dem kleinen Mann" zu lauschen. Es ist einfach das Bedienen von Ressentiments und unreflektierter Ängste. Und die Ignoranz gegenüber den tatsächlichen Hintergründen von Sorgen und Befürchtungen, die sich am Schluss gegen andere Menschen richten, deren Ursachen aber meist ganz andere - meist komplexere und schwieriger zu adressierende - Gründe haben.

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