Eigentlich sollte dies eine kurze Meldung über den Einsatz der französischen Truppen in der Zentralafrikanischen Republik (ZAR) und die in den letzten Tagen eskalierende Gewalt werden. Doch dann stolpert man bei der Schnellrecherche über solche Sätze:
Im Falle der Zentralafrikanischen Republik gelten diese Überlegungen nicht. Das krisengeschüttelte Land hat so viele Coups, versuchte Umstürze und Rebellenoffensiven gesehen, dass es naiv ist, den aktuellen Ausbruch der Gewalt an religiösen Konflikten festzumachen. Autoritäre Führungsfiguren, Korruption, Rohstoffe - alles ist bereits da für einen ausgewachsenen Konflikt. Inklusive des Einflusses fremder Staaten:
Bei den schweren Kämpfen zwischen Christen und Muslimen in der Zentralafrikanischen Republik sind offenbar deutlich mehr Menschen getötet worden als bislang angenommen. [...] Christliche Milizen - Anhänger des gestürzten Präsidenten François Bozizé - hatten Bangui am frühen Donnerstagmorgen angegriffen und sich Kämpfe mit den ehemaligen Rebellen geliefert, die dort vor Monaten an die Macht gekommen waren. [...] Das rohstoffreiche Land war ins Chaos gestürzt, nachdem muslimische Rebellen die Macht übernommen und Präsident François Bozizé gestürzt hatten. Inzwischen amtiert der Chef der früheren Rebellenallianz Séléka, Michel Djotodia, als Übergangspräsident. Allerdings ist auch seine Machtbasis relativ schwach, weil er Probleme hat, sein nur loses Bündnis von Kämpfern zu kontrollieren.Dies soll keine Medienschelte werden, tagesschau.de berichtet zumeist unaufgeregt und nimmt sich Themen an, die in anderen überregionalen Zeitungen nicht oft zu finden sind. Doch es ist schon verwunderlich, wie im Falle der Zentralafrikanischen Republik "ohne Not" eine religiöse Konfliktlinie gezogen wird. Ob Wikipedia, BBC oder NZZ, entweder wird Religion überhaupt nicht erwähnt, oder deren Wirkung zurückhaltend formuliert:
Die Séléka-Truppen plündern Dörfer und liefern sich Kämpfe mit bewaffneten Selbstverteidigungsgruppen. Deren Milizen bezeichnen sich als Anti-Balaka (Gegen-Rebellen; wörtlich «Anti-Buschmesser»). Weil es sich um Christen handelt, besteht die Gefahr einer Gewaltspirale mit gegenseitigen konfessionellen Feindbildern.Selbst ein Artikel des Economist, der eigentlich die grundsätzliche Wirkungsmächtigkeit von Religion herausarbeiten will, muss Zweifel an kausalen Zusammenhängen akzeptieren:
Even if religion is not the main cause of conflict, nothing keeps conflict on the boil like a dose of fiery religious rhetoric.Es geht an dieser Stelle nicht darum religiöse Unterschiede für unwichtig zu erklären, was die Ausbreitung und den Verlauf von Konflikten angeht. Es wäre naiv anzunehmen, dass egal, wie vielfältig die Gründe für die jeweiligen Konflikte sind, die Auseinandersetzung zwischen Sunniten und Schiiten keinerlei religiöse Rechtfertigung findet. Was dann aber Rhetorik ist und welche Gründe mit- oder hauptverantwortlich für einen Konflikt sind, das ist damit noch nicht gesagt.
Im Falle der Zentralafrikanischen Republik gelten diese Überlegungen nicht. Das krisengeschüttelte Land hat so viele Coups, versuchte Umstürze und Rebellenoffensiven gesehen, dass es naiv ist, den aktuellen Ausbruch der Gewalt an religiösen Konflikten festzumachen. Autoritäre Führungsfiguren, Korruption, Rohstoffe - alles ist bereits da für einen ausgewachsenen Konflikt. Inklusive des Einflusses fremder Staaten:
Südafrikas führende Wochenzeitung Mail&Guardian wirft dem regierenden African National Congress (ANC) ein erhebliches wirtschaftliches Eigeninteresse an der Militärmission in der Zentralafrikanischen Republik vor. Demnach diente die seinerzeit von der Regierung Thabo Mbekis unterzeichnete Vereinbarung über ein militärisches Ausbildungsprogramm in der Zentralafrikanischen Republik vorrangig dem verschleierten Schutz südafrikanischer Rohstoffinteressen. Das Blatt führt ein Kooperationsgeschäft zwischen der Regierung des im März gestürzten Expräsidenten der Zentralafrikanischen Republik, Francis Bozizé, sowie einem südafrikanischen Konsortium aus Geschäftsleuten mit ANC-Verbindungen und Chancellor House, einen Investmentunternehmen der Partei, an, das den Diamantenexport des Landes kontrollieren sollte.Insofern wäre tagesschau.de gut beraten, das nächste Mal ein wenig sensibler zu sein, was das Thema betrifft. Es existieren genug Konflikte, in denen die Religion keine Ursache, aber sichtbare Rechtfertigung für immer neue Gewalt ist. In der ZAR scheint dies, bisher jedenfalls, nicht so zu sein. Aktuelle Bilder von france24:
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