Der konservative Think-Tank Stratfor beschäftigt sich in einem Video von dieser Woche mit dem Vorfall an der israelisch-libanesischen Grenze, der fünf Menschenleben forderte:
Die NZZ verweist auf die mögliche Eskalation des zunächst, sieht man von den fünf Todesopfern ab, im politischen Maßstab unbedeutenden Vorfalls und schreibt:
Doch um das Gestrüpp entlang der blauen Linie geht es in Wirklichkeit nicht. Schon seit Monaten üben sich die beiden Länder in Kriegsrhetorik. Die Angst vor einem Bürgerkrieg in Libanon oder einem bewaffneten Konflikt zwischen Libanon und Israel ist in den vergangenen Wochen gewachsen. Grund dafür ist unter anderem eine Videobotschaft des Hizbullah-Führers Hassan Nasrallah. Dessen islamistische Organisation wird mit dem Mord am libanesischen Premierminister Rafiq Hariri im Jahr 2005 in Verbindung gebracht.
Libanon gehe einer ganz kritischen Phase entgegen, kündigte der Hizbullah-Führer an. Seine Organisation wisse sich aber zu verteidigen und werde notfalls wieder zu den Waffen greifen. Die Drohungen des Hizbullah sind gegen Israel gerichtet. Dessen Verteidigungsminister Ehud Barak stellte in einem Interview klar, dass jede Einrichtung des libanesischen Staates als legitimes Vergeltungsziel betrachtet werde, falls der Hizbullah Tel Aviv mit Raketen angreifen sollte.Auch die libanesische Armee rüstet auf, sie hat ihren Bestand um 10'000 Soldaten aufgestockt. Israel gelangte mit einem Aufruf an die USA und Frankreich, deren Unterstützung und Waffenverkäufe an Beirut einzustellen. Beide Länder haben nach dem Schusswechsel die streitenden Kontrahenten scharf kritisiert. An der israelisch-libanesischen Grenze geht derweil das Bangen weiter. Offenbar hat Israel Bulldozer in der Nähe der Konfliktstelle aufgefahren. Ein libanesischer Militärsprecher erklärte, ein weiterer israelischer Angriff werde vehement zurückgeschlagen.
Im Hintergrund versucht die Uno, den Konflikt auf diplomatischem Weg beizulegen. Zudem gelang es der stationierten Uno-Truppe, eine fragile Ruhe im Grenzgebiet herzustellen. Doch auch die anderen Länder in der Region sind gefordert. So reisten kürzlich der saudische König Abdullah und der syrische Präsident Asad zu Gesprächen nach Beirut. Libanons Präsident Michel Suleiman versucht auch mit ihrer Hilfe, eine Eskalation zu verhindern.
Auf diesen Besuch nimmt auch der Freitag in einem Kommentar Bezug, der seiner Ansicht durch den Vorfall wachsende Bedeutung erhält:
Präsident Assad hat ein vitales Interesse an der Stabilität des Nachbarlandes, wie sie seit November von einer christlich-muslimischen Koalitionsregierung unter Einschluss der Partei Gottes (Hisbollah) gewährleistet wird. Seit jedoch das UN-Sondertribunal zur Aufklärung des Hariri-Mordes einzelne Hisbollah-Mitglieder als Täter anklagen will, beginnt der innere Kitt dieser fragilen Allianz zu bröckeln. Sie braucht Sympathisanten wie Saudi-Arabien. Und sie könnte schon bald auf Garantiemächte wie Syrien angewiesen sein, denen der innere Friede im Libanon Gewähr dafür ist, dass Israel zu keiner erneuten Aggression wie im Sommer 2006 ausholt – jenem ersten massiven Versuch, den Gegner Hisbollah auszuschalten und dessen Schutzmacht Iran herauszufordern. Gerade jetzt, da der Rückzug der US-Armee aus dem Irak seinem Land lange entbehrte Handlungsspielräume eröffnet, käme das Baschar al-Assad höchst ungelegen.
Auch der SZ-Kommentar warnt vor einer Eskalation und verweist auch auf den immer latenten Part des Iran:
Syriens Präsident Baschar al-Assad hat vor einem neuen, einem großen Nahostkrieg gewarnt. Auch wenn der Hisbollah-Freund Assad kein Unbeteiligter ist, sollte man ihm in dieser Frage Gehör schenken. Israel und Iran belauern und bedrohen sich seit Jahren im Atomstreit. Wenn es um die Vormacht in Nahost geht, sind diese beiden Staaten die entscheidenden Figuren auf dem Schachbrett. Israel, wie immer auf sich selbst gestellt, ist König, Dame und der Rest der Figuren in einem; vor dem Schachmatt abgesichert durch Militärhilfe der Überdame USA und die politische Unterstützung Europas. Auf der anti-israelischen Seite sind Hisbollah, Hamas und der schwache Staat Libanon die Bauern. Syrien rangiert als Springer - beweglich, aber schnell bedroht. Iran gibt auch Dame und König in einem, kann aber nicht wirklich überzeugen mit seiner Mischung aus diplomatischen Winkelzügen und militärischer Aufschneiderei.
Ob es wegen des Teheraner Atomprogramms zum Krieg kommt zwischen Iran und Israel oder nicht: Aller Voraussicht nach wird der Libanon so oder so Schlachtfeld werden. Die Hisbollah ist die kampfstärkste Miliz des Nahen Ostens. Sie ist für Israel eine größere Bedrohung als die schlecht bewaffnete libanesische Armee. Mit Zehntausenden Raketen ist die Hisbollah auch gefährlicher als die palästinensische Hamas. Die libanesische Miliz bedroht Israel nicht nur im Fall eines Kriegs mit Iran. Mit ihrem militärischen und ideologischen Potential ist die Hisbollah schon für sich alleine genommen ein Risiko für Israel.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen