Dienstag, 8. Oktober 2013

Festung Europa und die Rolle von Frontex: Keine gute Antwort auf eine "ganz große Frage"

In einem Interview mit ZEIT ONLINE spricht der Vorsitzende des Verwaltungsrates von Frontex (European Agency for the Management of Operational Cooperation at the External Borders of the Member States of the European Union), Ralf Göbel, über die Lage an den Außengrenzen der EU und über den Umgang mit ankommenden Flüchtlingen. 

Neben der "Grundrechtestrategie" von Frontex erwähnt er die Zahl von 40.000 Menschen, die seit 2011 im Rahmen von Frontex-Einsätzen gerettet werden konnten. Demgegenüber stehen jedoch schon 2011 1.500 Menschen, die starben. Einer Studie von statewatch.org zufolge gab aufgrund der hohen Todeszahlen einen Strategiewechsel, der die Rettung von in Not geratenen Flüchtlingen regeln sollte. 

In der Studie ist jedoch von "mangelnder Klarheit" die Rede, wer letztlich bei einer Entdeckung von Flüchtlingen auf See verantwortlich ist bzw. gemacht werden kann. Frontex als angeblich nur koordinierender Akteur, oder die Behörden der Mitgliedsstaaten.

Die zahlreichen Regelungslücken sind hausgemacht. So erweckt es den Anschein, dass die Unsicherheit von der Politik bewusst in Kauf genommen wird, um die tatsächliche Klärung der Frage, wie die EU-Außengrenzen beschaffen sein sollen, welche Reformen Erstaufnahmeländer umsetzen müssen und wie die Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitstaaten transparenter gemacht werden kann, aufzuschieben. Denn diese Diskussion würde unweigerlich die Frage nach der Neugestaltung des europäischen Asylsystems nach sich ziehen:

ZEIT ONLINE: Wenn Frontex aus Ihrer Sicht nichts tun kann, was könnte denn die Politik tun, um solche Dramen wie das in Lampedusa zu verhindern?

Göbel: Das ist eine ganz große Frage, auf die ich wie alle keine wirklich gute Antwort kenne. 

[...]

ZEIT ONLINE: Also finden sie nicht, dass das Dublin-II-Abkommen, nachdem Flüchtlinge nur in dem EU-Land Asyl beantragen können, dass sie als Erstes betreten, die Länder in der Mitte Europas unverhältnismäßig entlastet?
Göbel: Na, wenn das so wäre, hätten wir ja nicht fast hunderttausend Asylbewerber in Deutschland!
Die Wirkung von Frontex und die Realität der europäischen Flüchtlingspolitik beschreibt die ARTE-Reportage "Festung Europa" vom 08.10.2013:

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