Montag, 20. Februar 2012

Allgegenwärtig am Himmel der Kriegsschauplätze, unsichtbar in der Diskussion: Drohnen als Zukunft der Kriegsführung

Allgegenwärtig und doch kaum thematisiert: schon diese kurze Wortfolge erklärt die hohen Sympathiewerte von Drohnen in den Führungsstäben von Streitkräften in aller Welt.

Bei hohen Opferzahlen flackert hin und wieder eine Meldung über die Ticker, vor allem aus der Grenzregion zwischen Pakistan und Afghanistan. So zum Beispiel am vergangenen Donnerstag, als eine von einer Drohne abgefeuerte Rakete 19 Menschen tötete

Doch über die Folgen einer automatisierten Kriegsführung, einem Weg zur völligen Entmenschlichung also, wird bei weitem nicht so diskutiert, wie über die (auch keinesfalls unwichtige Frage) der Verletzung von staatlicher Souveränität, wenn heimlich und unbeobachtet ferngesteuerte Waffen operieren können. Doch verwundert es schon, wenn der Einsatz von Drohnen dann so diskutiert wird, wie in einem Kommentar der Welt vom 01.02.2012:

Im Krieg gegen den Terror ist manche Lüge gefährlicher als die Wahrheit. Darum ist es gut, dass Präsident Obama endlich ausgesprochen hat, was jeder weiß: Die USA töten mithilfe von Drohnen Spitzenterroristen in Pakistans Stammesgebieten. Diese Luftangriffe bedeuten zwar formal eine Verletzung der pakistanischen Souveränität. Doch faktisch sind sie so effektiv, dass Pakistans Militär diskret bei der Zielerfassung hilft und die Bevölkerung der Grenzregion immer wieder Zustimmung äußert. In einem Al-Qaida-Emirat will sie nicht leben, und Drohnen fordern weniger zivile Opfer als lange Bodenoffensiven. Dass sich hier westliche und pakistanische Interessen berühren, kann jetzt offen diskutiert werden.

Nun mag die "Ehrlichkeit" über diese Art der Kriegsführung besser sein, als das bloße Leugnen. Doch wenn sich daran keine grundsätzliche Debatte anschließt, nützt dies wenig. Denn die Opferzahlen von Luftschlägen sind keinesfalls grundsätzlich als niedriger einzustufen, vor allem weil der Mythos der "intelligenten Bomben" schon lange passé sein sollte. Deutlich macht das auch dieses Zitat aus einem aktuellen Artikel des Guardian-Korrespondenten für die USA, George Monbiot:

Ein Bericht des Bureau of Investigative Journalism hat im Vorjahr nachgewiesen, dass in den pakistanischen Provinzen an der Grenze zu Afghanistan zwischen 2004 und 2011 mehr als 2.300 Menschen durch amerikanische Drohnen-Angriffe getötet wurden. Davon waren zwischen 392 und 781 augenscheinlich Zivilisten. Bei 175 der Toten handelte es sich um Kinder.

Dabei sind solche Statistiken ohne Zweifel schwierig zu interpretieren, da ja keine Aussage über konventionelle Einsätze und deren Opferzahlen oder gänzlich andere Strategien vorliegt. Doch Monbiot macht deutlich, dass der Einsatz von Drohnen an sich auf die Inkaufnahme von (zivilen) Opfern wirkt:

Die Gefahren werden umso größer, je automatisierter die Kriegsführung wird und je mehr die Verantwortlichkeiten verwischt sind. Gerade erst hat die US-Air-Force eine Drohne präsentiert, die auf einem Flugzeugträger landen kann, ohne von einem Piloten auch nur ferngesteuert zu werden. Die Los Angeles Times warnte aus diesem Anlass, es könne „ein Zeitalter eingeläutet werden, in dem semi-unabhängig operierende Maschinen für das Töten und Zerstören allein zuständig sind.“ Britischen Experten zufolge könnten von künstlicher Intelligenz unterstützte Drohnen schon in wenigen Jahren eigenständig entscheiden, wer zu töten und wer zu verschonen ist: „Sorry Sir, aber der Computer sagt, dass Sie ins Visier gehören ...“

Dies kann als Science-Fiction abgetan werden, doch wie anfangs betont, der automatisierte ständige Drohnenkrieg ist als Fakt nicht zu leugnen, auch aktuell in Syrien sollen Drohnen zu Beobachtungszwecken im Einsatz sein, wie z.B. der österreichische Standard berichtet. Zudem soll mit ihnen die Kommunikation des syrischen Militärs aufgezeichnet werden. Auch die NATO will in den kommenden Jahren etwa drei Milliarden Euro in diese Technologie investieren. Zudem planen Frankreich und Großbritannien eine Zusammenarbeit, die bis 2020 in einer einsatzbereiten Drohne münden soll.

Fehlen darf zudem nicht der Hinweis für den Kommentar der Welt, dass durchaus fraglich scheint (trotz der sich widerstreitenden Interessen und Strategien), ob Pakistan die ständigen Angriffe wirklich gutheißt. Der US-Militärgeheimdienst ließ beispielsweise Anfang Februar verlautbaren, dass das Land zunehmend mit Radaranlagen und Flugabwehrgeschützen auf das US-Vorgehen reagiere.

Vom Mai vergangenen Jahres dazu auch eine 3sat-Dokumentation:




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